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Freitag, Oktober 15, 2004
VERJÄHRUNG Mit jedem Silvesterböller gehen zum Jahreswechsel Forderungen in Millionenhöhe verloren. Sie sind verjährt. Der kommende Jahreswechsel ist besonders kritisch, weil die Übergangsfrist nach der Schuldrechtsreform endet. Mit dem 1. Januar 2005 verjähren deshalb auch zahlreiche Forderungen, für die bisher längere Fristen galten. Die reguläre Verjährungsfrist ist jetzt auf drei Jahre festgelegt worden. Das Bundesjustizministerium weist darauf hin, dass entgegen weitverbreiteter Ansicht eine schriftliche Mahnung die Verjährung nicht unterbricht. Im Regelfall helfen nur Klage oder Mahnbescheid.
WIKIPEDIA KOMPLETT Die komplette Wikipedia (Stand: 1. September 2004) gibt es jetzt auch zum Download und als CD. Tipp von Mathias Schindler.
GLÄSERN Der gläserne Bürger rückt noch ein Stückchen näher. Ab nächstem Jahr sollen die Finanzämter Bankverbindugnen online (!)abfragen können, berichtet plusminus. Demnächst rufen dann vielleicht Finanzbeamte an und sagen Bescheid, wenn sie eine Ausgabe nicht verstehen: "Club 101 - Sie wissen auch nicht, was Ihr Mann da gemacht haben könnte?" (Danke an Bernd Wachter für den Link)
ZUGRIFF Gläubiger können Internet-Adressen ihrer Schuldner pfänden und sie (die Adressen) versteigern lassen. Allerdings ist die Pfändung nicht zulässig, wenn der Schuldner die Domain für seine berufliche Tätigkeit braucht. So hat es laut heise online das Landgericht Mönchengladbach entschieden. (Danke an Andrea Altefrone für den Link)
ANFECHTUNG
Internetverkäufer haben ein Anfechungsrecht, wenn sie aus Versehen einen falschen Preis angegeben haben. Das Oberlandesgericht Hamm glaubte einem Anbieter, dass er Speicherchips nicht für 1,88 Euro das Stück verkaufen wollte, sondern für 188,00 Euro. Ein Käufer, der 99 Stück im Onlineshop der Firma bestellt hatte, ging leer aus. (Danke an Ulli für den Link) Donnerstag, Oktober 14, 2004
PREISBRECHER Eine unserer programmierten Billigvorwahlen ist die 01081. Bei Ortsgesprächen kommt heute bei uns in Düsseldorf immer die freundliche Ansage: "Dieser Anruf ist kostenlos." Vielleicht verlosen sie demnächst noch Reisen...
LEGALER WEBSITEN-KLAU? Plagiate von Websites sind nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm (Originaltext) zulässig. Im Urteil vom 24. August 2004 hält es der 4. Zivilsenat für unbedenklich, dass ohne Zustimmung des Inhabers Grafiken, Motive und (bearbeitete) Bilder des Inhabers kopiert und in eine eigene Website eingebaut werden. Tatsächlich scheint es so zu sein, dass die gesamte Seite geklaut und nur die Texte geändert wurden. Das Urteil (hier eine Presseinfo) enthält fragwürdige rechtliche Wertungen, beruhend auf einer gewissen Ahnungslosigkeit darüber, was eine Homepage im Internet ist und welche Arbeiten hierfür erforderlich sind. Deshalb kann ich mich den warnenden Worten von Rechtanwalt Simon nur anschließen: "Ich vermag ich mich lediglich darin zu wiederholen, dass die Entscheidung (nur) den konkreten Einzelfall betrifft, und sich jeder Imitator bewusst sein sollte, dass kein anderes Gericht in einem anderen Fall an die Entscheidung des OLG Hamm gebunden ist, und zwar weder hinsichtlich der Beurteilung des Werkcharakters einer Website oder von Teilen hieraus noch in derjenigen der (angeblich nicht) unlauteren Ausbeutung fremder Leistungen in einem Wettbewerbsverhältnis." (Danke an Andreas Unkelbach für den Hinweis)
ERSTATTUNG Ausländer, die in Deutschland gearbeitet haben, können sich unter Umständen ihre Rentenbeiträge erstatten lassen. Das gilt zum Beispiel für einen Mandanten aus Ghana, der hier in Deutschland jahrelang gearbeitet hat, dann aber ausgewiesen wurde. Der Antrag und die Vollmacht mussten zwar extra von der deutschen Botschaft in Accra beglaubigt werden, aber jetzt erstattet die LVA Rheinprovinz immerhin 19.995,20 Euro. Deutsche Staatsangehörige kriegen übrigens grundsätzlich nichts zurück, selbst wenn sie auswandern.
ARBEITSRECHT Eine gut lesbare Übersicht zum Arbeitsrecht hat das Bundeswirtschaftsministerium ins Netz gestellt (88 Seiten, PDF). (Link gefunden im LAWgical)
UNENTDECKTE MORDE Gerichtsmediziner warnen davor, dass die geplante Schließung von weiteren rechtsmedizinischen Instituten die Zahl unentdeckter Morde in die Höhe treibt. Schon jetzt werde eine Vielzahl von Gewaltverbrechen nicht entdeckt, weil - zum Teil aus Kostengründen - viel zu selten Obduktionen angeordnet werden. Rechtsmediziner vermuten hinter etlichen Säuglingstoden und Selbstmorden in Wirklichkeit Verbrechen, berichtet beck-aktuell. Mittwoch, Oktober 13, 2004
MEINEID In Köln wird nach einem Bericht des Express gegen eine Oberstaatsanwalt ermittelt - wegen Meineides. Er soll im Korruptionsprozess um die Müllverbrennungsanlage falsch ausgesagt haben.
FLUX-GENERATOR Hinweis auf dem Briefbogen einer Kölner Anwaltskanzlei: Seit dem 1. Januar 2005 sind wir umgezogen.
HAFTUNG Es war überall zu lesen: Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Manager künftig mit bis zu vier Jahresgehältern haften, wenn sie mit falschen Informationen Anleger schädigen. Das gilt auch für grob fahrlässige Falschangaben. Ich fordere die gleiche Regelung auch für Politiker. Dienstag, Oktober 12, 2004
KEIN PENTIUM In einem Urteil zu R-Gesprächen zeigt das Landgericht Braunschweig eindrucksvoll auf, wie limitiert der Arbeitsspeicher und die Rechenleistung des durchschnittlichen Menschenhirns sind: "Der Angerufene hat zu realisieren, dass ein R-Gespräch eingeht, für dieses R-Gespräch Kosten anfallen und er hierfür eine Tastenkombination zu drücken hat. Der zur Verfügung stehende Zeitraum ist zur Überzeugung der Kammer nicht ausreichend, um die gegebenen Informationen und insbesondere die erhebliche Kostenfolge in angemessener Weise verarbeiten zu können." (Link gefunden bei den Rechtsanwälten Heyms & Dr. Bahr)
FEHLGESTEUERT Gegen den obersten Finanzrichter Brandenburgs ermittelt die Staatsanwaltschaft - wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Dem Richter wird die Unehrlichkeit laut Spiegel online im Rahmen einer privaten Erbschaft zur Last gelegt. Wenn sogar Profis möglicherweise nicht wissen, wie man sicher trickst - welch größeren Beweis gibt es für die Notwendigkeit einer Steuerreform?
NOTFALL Eine Gummipuppe im Fensterrahmen führte zu einem dramatischen Einsatz der Kieler Polizei. Eine Anwohnerin hatte die Gummipuppe mit ihrer Nachbarin verwechselt. Polizei und Feuerwehr traten die Tür ein. "Alles nur ein Scherz" - so sah es jedenfalls die 57-jährige Wohnungsinhaberin. Die Polizei ist laut eigenem Pressedienst nun der Auffassung, dass die Puppenfreundin den Einsatz bezahlen muss und auch auf den Kosten für die kaputte Tür sitzenbleibt. Nicht, dass sich die Beamten da schon mal ein bisschen Mut machen - falls sich die Wohnungsinhaberin auf ihr Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit beruft. Immerhin ist ja bald Halloween... (danke an Mathias Schindler für den link)
WULKAN STELLT AUS
Karikaturist Wulkan zeigt ab heute seine besten Bilder im Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Die Ausstellung geht bis zum 12. November 2004. Gerichtsgebäude am Hauptbahnhof Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 1.Etage. Die Vernissage ist heute um 15.30 Uhr. Wer keine Zeit hat oder zu weit entfernt wohnt, schaut einfach hier im law blog.
UNLUSTIG Spiegel online berichtet über die Nöte deutscher Staatsanwälte, bei Äußerungen des NPD-Vorsitzenden strafbare Handlungen zu entdecken. Ich zitiere die Sprüche nicht, weil ich ein Anhänger der Meinungsfreiheit bin und deshalb meine, dass man die "geistige Auseinandersetzung" nicht mit dem Strafgesetzbuch führen sollte. Allerdings mutet es schon merkwürdig an, wenn sich Leute wie der Internetaktivist Alvar Freude mit nonchalanter Begründung eine Vorstrafe einhandeln. Obwohl Freude mit Sicherheit keinen Vorsatz hatte, zum "Hass gegen Teile der Bevölkerung" aufzustacheln. Montag, Oktober 11, 2004
REISEZIELE 5 Jahre Einreisesperre - das hat einer meiner Mandanten falsch verstanden. In seinem Heimatland Nigeria wartete er brav diese Zeit ab, bevor er ein neues Visum beantragte. Leider hat er nicht bedacht, dass der Rest seiner Freiheitsstrafe ihm nicht erlassen wurde. Vielmehr hat die Staatsanwaltschaft damals nur von der Vollstreckung abgesehen und - für den Fall seiner Rückkehr - gleich mal einen Haftbefehl erlassen (§ 456a Abs. 2 S. 3 StPO). Die Rückreise nach Deutschland führte meinen Mandanten sofort in die Gefängniszelle. Ich kann sagen, dass er davon ziemlich überrascht war. Und entsetzt, denn es sind immerhin noch 546 Tage offen. Es sei denn natürlich, ich kann etwas in Richtung Bewährung oder erneuter Abschiebung erreichen.
OHNE Ohne Robe im Gericht. An einem Gericht, das noch Wert auf die "Amtstracht" legt. Ich muss dringend mal mit unserer Putzfrau reden: Die Robe liegt bei mir iiiiiiiimmer zerknüllt im Aktenkoffer. Dafür ist sie doch extra knitterfrei. Das Teil ungefragt in der Garderobe aufhängen ist deshalb keine gute Idee. Dort würde ich sie vor einem Termin nämlich niemals suchen.
STRAFMASS
Zwei Urteile: In Kalifornien muss ein Mann 25 Jahre ins Gefängnis, weil er seinen Schäferhund grausam getötet hat. In Bonn kriegt ein Raser ein Jahr auf Bewährung, weil er ein 8-jähriges Mädchen totgefahren hat.
JECKE FRAGEN Dass am Rosenmontag im Rheinland dienstfrei gilt - keine Frage. Über den Veilchendienstag gibt es jedoch Zoff, zum Beispiel zwischen der Allianz-Versicherung und ihrer karnevalsfreudigen Belegschaft. Am 26. Oktober entscheidet laut ">Express das Bundesarbeitsgericht, ob die wieder eingeführte Dienstpflicht am Karnevalsdienstag wegen fehlender Zustimmung des Betriebsrates unwirksam war. Die Richter sitzen in Erfurt; das verheißt aus Arbeitnehmersicht nichts Gutes.
NONNEN IN ZIVIL Der Schuss ging nach hinten los - zumindest ein bisschen. Das gesetzliche Kopftuchverbot an Baden-Württembergs Schulen ist zwar rechtmäßig. Doch aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht, das jetzt schriftlich vorliegt, ergibt sich laut Spiegel online auch, dass für "religiös motivierte Kleidung" an Schulen generell kein Platz ist. Was zur Folge haben dürfte, dass auch Ordensfrauen und Priester künftig in Zivil zum Unterricht erscheinen müssen. Samstag, Oktober 09, 2004
JETZT MITRATEN Wer findet den Unterschied? Das österreichische Bundesgesetzblatt berichtigt Druckfehler. Kostenloses Training für die Teilnahme bei 9Live. (link gefunden bei Juristisches und Sonstiges)
STOPP LOSS
Es lohnt sich doch manchmal, einfach ins Depot zu schauen. Von den Dingern unten habe ich vor Jahren mal einen ganzen Batzen für deutlich weniger als 5 Euro gekauft. Sieht so aus, als müsste ich seit langem mal wieder einen Stopp Loss ins Auge fassen :-)
OMAS KANAL Statt die öffentlich-rechtlichen Kleine Hoffnung: Vielleicht überspannen sie den Bogen diesmal. Eines Tages wird das Bundesverfassungsgericht jedenfalls ein Einsehen haben. Das Argument, die Deutschen bräuchten eine informationelle Grundversorgung und dafür seien gigantomanische Anstalten erforderlich, ist ja mittlerweile so abgestanden wie das, was die Anstalten aus den Gebühren fabrizieren. Ich weiß, wovon ich rede. Wenn ich meine Oma besuche, läuft meistens ZDF. Freitag, Oktober 08, 2004
GUTE NACHRICHTEN In einem privaten Konkursverfahren hat der Insolvenzverwalter eine wirklich gute Nachricht: Die Forderung von 1.510,90 Euro ist zu Ihren Gunsten festgestellt worden. Auf die festgestellte Forderung entfällt eine Quote von 0,06 %, also 0,95 Euro. Die Überweisung dieses Betrages habe ich auf Ihr Konto bei der Deutschen Bank veranlasst. Die Forderung ist damit erledigt.
EINSICHT Eine bekannte Telefongesellschaft hat mal wieder Mist gebaut. Aber sie sieht es wenigstens ein: "Gerne teilen wir Ihnen mit, dass das Vertragsverhältnis zwischen Ihrer Mandantin und der A. AG & Co. KG fristlos zum nächsten Termin beendet wird." Fristlos zum nächsten Termin? Kann gut sein, dass die Diskussion doch noch weiter geht.
R-GESPRÄCHE Nicht nur 0190er-Nummern, sondern auch R-Gespräche können sich als Kostenfallen erweisen. Nach Auffassung des AG Gelsenkirchen muss ein Anschlussinhaber zahlen, dessen Sohn erhebliche Kosten mit R-Gesprächen verursacht hat. Die Rechtsanwälte Heyms & Dr. Bahr erläutern in ihrem Newsletter die aus ihrer Sicht fragwürdige Entscheidung.
(DIENST)STUBENTIGER Auch nach neun Haftprüfungen ist Unternehmer Alexander Falk nicht frei - trotz einiger Etappensiege seiner Anwälte. Nach einem Bericht von heise online ist jetzt wenigstens die Anklageschrift fertig. Noch dieses Jahr soll über die Eröffnung des Prozesses entschieden werden. Auch wenn es die Staatsanwaltschaft energisch abstreitet, könnte hier einem der Shooting Stars der New Economy stellvertretend für die mittlerweile verhasste Branche der Prozess gemacht werden. Mir jedenfalls ist nie wohl dabei, wenn beamtete Volljuristen, die ihr ganzes Berufsleben in Dienststuben verbracht haben, nachträglich darüber befinden, wo Business aufhört und Kriminalität beginnt. (Danke an Axel und Mathias für den Link) |