law blog


Dienstag, September 30, 2003
CODEFREE

Das neue Urheberrecht wirft viele Fragen auf. Es gibt aber auch erfreuliche Antworten:

Den Regionalcode am DVD-Player darf man laut Bundesjustizministerium nach wie vor ausschalten.

Die andere Frage ist: wie lange noch?

(link gefunden bei Handakte WebLAWg)





DISKUSSION

In Reihe 9 gab es eine heftige Diskussion über die Frage, ob man einen MP3-Player im Landeanflug abschalten muss. Für die Flugbegleiterin war es ein elektronisches Gerät. Der Hirni neben mir war der Meinung, dass es sich um ein elektrisches Gerät handelt. Die arme Frau musste tatsächlich mit dem Käpt?n drohen, bevor der Passagier widerwillig und unter lautem Zetern die Knöpfe aus dem Ohr nahm. Anschliessend verkündete er, dass er nie wieder Lufthansa fliegt. Diese Ankündigung brachte ihm dann den ersten Applaus.

So, jetzt mal sehen, was der Rückflug bringt.





Montag, September 29, 2003
STILL

Zumindest bis Dienstagabend bleibt es im law blog still. Ich bin um 11 Uhr am Arbeitsgericht Hamburg. Um 16.30 Uhr geht es erst zurück. Aber auch das hat seine positiven Seiten. Vielleicht reicht die Zeit diesmal für eine Hafenrundfahrt.





DYNASTIEN

Über die Motive für die Studienwahl berichtet Spiegel online:

Medizin und Jura bilden eine eigene Welt mit anderen Gesetzen und ziehen Kinder aus der Oberschicht an - "es gibt ja ganze Ärzte- und Juristendynastien", so Markus Schölling. Kinder aus solchen Familien lernten schon im Alltag die Denkweise von Anwälten und Medizinern kennen. Das erleichtere nicht nur die Entscheidung für das Studium, sondern auch die Orientierung an der Universität.

Mein Patenkind Sophie, Tochter meiner Kollegin und eines (anderen) Anwalts, außerdem in diesem Anwaltsbüro so gut wie zu Hause, ist jetzt 6 und will seit 2 Jahren nur eins: Polizistin werden.

Hach, was sind wir liberal...





ÄCHZ

Gerade war das ZDF hier im Büro. Das Interview dauerte exakt 5 Minuten. Dann kamen eine Stunde "Szenen": Udo steht am Bücherregal. Udo schreibt eine e-mail. Udo geht durch den Flur. Udo liest eine Akte. Udo lehnt am Empfangstresen. Jedes Mal mussten 2 große Scheinwerfer umgebaut und eingerichtet werden, um mein aufregendes Leben ins rechte Licht zu setzen.

Spruch des Tages: "Zu fettig?" "Ne, das regele ich noch ab."

Aber die Reporterin war sehr nett.





ABWICKLUNGSVERTRAG

Dass ein Aufhebungsvertrag eine Sperrzeit beim Arbeitsamt mit sich bringt, ist bekannt. Deshalb bieten Arbeitgeber jetzt verstärkt Abwicklungsverträge an. Es wird also zuerst eine Kündigung ausgesprochen. Abfindung, Freistellung etc. werden dann in einem gesonderten Vertrag geregelt.

Nach der Theorie hat der Arbeitnehmer dann nicht an der Beendigung seiner Anstellung mitgewirkt, weil die Kündigung vom Arbeitgeber ausging. Dies sollte man jedoch mit Vorsicht genießen. Seitdem immer mehr Abwicklungsverträge auf den Tisch flattern, werden die Arbeitsämter zunehmend skeptisch. Sie unterstellen (manchmal ja nicht ganz ohne Grund), dass der Abwicklungsvertrag ein verkappter Aufhebungsvertrag ist und - verhängen eine Sperrzeit. Das wiederum bedeutet dann erst einmal kein Arbeitslosengeld und einen möglicherweise jahrelangen Prozess gegen das Arbeitsamt vor dem Sozialgericht.

Um das Risiko zu minimieren gibt es 2 Möglichkeiten:

1. Beim Arbeitsamt fragen und sich schriftlich bestätigen lassen, dass der Abwicklungsvertrag nicht zu einer Sperrzeit führt. Bitte nicht auf mündliche Zusagen vertrauen.

2. Vor dem Arbeitsgericht klagen und den Abwicklungsvertrag dort als gerichtlichen Vergleich abschließen. Hiergegen kann das Arbeitsamt nichts einwenden.





ONLINE-SHOPPING

Manche Händler, vor allem bei ebay, sind echt dreist. Auf ihrer Homepage schließen sie eine Rückgabe der Ware aus. Allein im letzten Monat hatte ich 2 Fälle, in denen Firmen sich schlicht weigerten, Lieferungen zurück zu nehmen. Immer wieder kommt der Hinweis auf die "eindeutigen Bedingungen".

Alles Humbug:

Das Gesetz (§ 312d in Verbindung mit § 355 BGB) sagt klipp und klar, dass es bei allen über Telekommunikationsmitteln geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht von 2 Wochen gibt. Es genügt sogar, wenn man die Sendung kommentarlos am letzten Tag der Frist zurückschickt.

Hiervon kann ein gewerblicher Händler nicht abweichen, wie schlau auch immer er seine Klauseln formuliert, wahlweise welch unverschämten Ton er in seinen e-mails anschlägt.





Sonntag, September 28, 2003
PRESSEINFO

VHS-Vortrag zu den Möglichkeiten der Altersteilzeit
Ohne Einbußen früher in Rente

VELBERT - LANGENBERG. "Vorruhestand, Abfindung und Altersteilzeit" ist der Titel eines Vortrages der Volkshochschule am Dienstag, 14. Oktober 2003, in Velbert-Langenberg. Das Seminar zeigt die verschiedensten Möglichkeiten, um vor dem Regelalter von 65 Jahren aus dem Erwerbsleben auszusteigen. Besonderer Schwerpunkt sind die Möglichkeiten des Altersteilzeitgesetzes. Diese Regelung bietet für Arbeitnehmer und Arbeitgeber attraktive Chancen, den Ruhestand ohne allzu große finanzielle Nachteile vorzuziehen. Angesprochen werden auch die wichtigsten Regelungen rund um Kündigung, Abfindung und Aufhebungsverträge. Der Vortrag eignet sich für Arbeitgeber und alle Beschäftigten, die an einen gleitenden Ausstieg aus dem Berufsleben denken. Referent ist Udo Vetter, Rechtsanwalt aus Düsseldorf. Der Kurs beginnt um 19 Uhr im VHS-Haus Velbert-Langenberg, Donnerstraße 13, Raum 02.

Leser des law blog, die sich als solche zu erkennen geben, sparen natürlich die 7 Euro Eintritt :-)





Samstag, September 27, 2003
HOMESTORY

Wer andere heimlich in deren Intimsphäre fotografiert, muss künftig mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren rechnen. Der Bundesrat beschloss auf Vorschlag Baden-Württembergs einen entsprechenden Gesetzentwurf. Mit der Verschärfung wollen die Länder eine bislang bestehende Gesetzeslücke schließen, weil bislang nur verborgene Tonaufnahmen strafbar waren. Näheres bei beck-aktuell.

Liest sich so, als würde wegen 50 Fotospannern die Presse- und Äußerungsfreiheit ein schönes Stück beschnitten. Mit dem Gesetz wird es dann ja wohl nur noch genehmigte Homestories geben.





Freitag, September 26, 2003
SNIPER

Sniperprogramme für Onlineauktionen sind in Deutschland jetzt unzweifelhaft legal, berichtet rp-online. ebay habe habe sein Rechtsmittel gegen ein Urteil, das die Programme für zulässig erklärt, zurückgenommen.

Mit einem Sniper kann bei Auktionen in letzter Sekunde geboten werden.





UNSERE GESETZE

Wie hoch sind die Steuern auf eine Abfindung? Für alle, die es interessiert oder mal interessieren könnte, habe ich den Gesetzestext rausgesucht:

§ 34 Einkommensteuergesetz:

... Die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt das Fünffache des
Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte
verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und
der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines
Fünftels dieser Einkünfte. Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ
und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das
Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden
Einkommensteuer.


Viel Spaß beim Rechnen.





SAY CHEESE

Sehr geehrter Herr K.,

den gestrigen Besprechungstermin konnten Sie nicht wahrnehmen.

Das ist nicht so schlimm, weil wir ja bereits das meiste geklärt haben.

Ich bitte Sie aber dringend, die noch offenstehenden Gebühren von € 250,00 einzuzahlen. Ansonsten kann ich sie nicht vertreten. Ich werde dann auch nicht zum Hauptverhandlungstermin am nächsten Mittwoch kommen.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt





NICHT NUR IN HAMBURG

Lyssa beschreibt effektive Polizeiarbeit:

Erst vor zwei Wochen konnte ich wieder beobachten, wie unsere Gesetzeshüter entlang der Alster mit 10 Mann einen etwa 500 Meter langen Abschnitt kontrollierten und jeweils 25 Euro von erbosten Hundehaltern, Radfahrern und neuerdings auch Joggern kassierten, die dreist genug waren, mitten auf dem Weg zu laufen. Den größten Teil der Zeit standen sie aber einfach nur in der Sonne und rückten sich das Gemächt zurecht.

Und ein paar Meter weiter werden seelenruhig Autos geknackt...





Donnerstag, September 25, 2003
MUTTERLIEBE

Aus Angst vor ihrem Partner wollte eine 36-jährige Frau aus Düsseldorf sich selbst und ihre beiden Kinder umbringen. Sie flößte den Kindern Allzweckreiniger ein. ... Nach Angaben der Ermittler gibt es bislang keine Hinweise dafür, dass der Mann die Frau tatsächlich bedroht hat. Spiegel online

Manchmal bin ich fassungslos.





FIRMA A., SCHON WIEDER

Die Telefonfirma A. kriegt es nicht auf die Reihe. Den Anschluss bei der Firma T. haben sie am 10. September abgeklemmt, aber seit Wochen kriegen sie kein Freizeichen hin. Die Vorgeschichte steht hier. Jetzt folgt notgedrungen die nächste Stufe auf der Eskalationsleiter:

Sehr geehrte Damen und Herren,

auf unser Schreiben vom 19. September 2003 liegt uns innerhalb der gesetzten Frist keine Reaktion vor.

Unser Mandant hat nochmals bei Ihnen nachgefragt und erfahren, dass ein Datum für die Freischaltung nicht genannt werden kann. Es ist unserem Mandanten nicht zumutbar, wochenlang ohne Telefonanschluss zu sein.

Namens und im Auftrag unseres Mandanten erklären wir deshalb die fristlose Kündigung des Vertrages. Es besteht kein Interesse mehr an Ihrem Telefonanschluss. Wir fordern Sie auf, die für die Geräte gezahlten € 49,90 zu erstatten. Diese Geräte erhalten Sie dann zurück. Den Schaden unseres Mandanten werden wir noch gesondert beziffern.

Wir bitten um eine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt


Weiß zufällig jemand, wie lange man für die Rückkehr zur Firma T. rechnen muss?





PORNOS AM ARBEITSPLATZ?

Aus der Netzeitung:

Arbeitnehmer in den Niederlanden dürfen pornografisches Material aus Websites auf ihren Bürocomputer herunterladen, ohne um ihren Arbeitsplatz bangen zu müssen. Das berichtet das niederländischen Magazin «People Planet Profit». Nur wenn eine Firma einen eindeutigen Verhaltenskodex aufgestellt habe, könnten Arbeitnehmer aus diesen Gründen entlassen werden.

Der britische IT-Nachrichtendienst «The Register» berichtete in diesem Zusammenhang von einem Entwurf der Europäischen Union, der Kündigungen wegen pornografischen Materials am Arbeitsplatz verhindern soll.


Die Internet-Kündigung läuft auch bei uns mittlerweile dem bisher so beliebten Notstopfen Spesenbetrug den Rang ab. Aber auch in Deutschland machen die Arbeitsgerichte längst nicht mehr alles mit. Auch hier zeichnet sich deutlich die Tendenz ab, das Internet als stinknormales Arbeitsmittel und Kommunikationsmedium zu verstehen. Ebenso wie beim Telefon wird die moderate private Nutzung deshalb keinen Kündigungsgrund mehr hergeben, zumindest nicht ohne Abmahnung.

Wenn es keine klaren Regeln gibt, geht das Risiko zu Lasten des Arbeitgebers. Das gilt mittlerweile sicher uneingeschränkt für Abfragen privater e-mail-accounts und Besuche auf seriösen Infoseiten etc. Chats und Pornoseiten lösen aber mitunter allergische Reaktionen bei Richtern aus.

Wer als Arbeitnehmer bei so was "ertappt" wird, kann ohnehin nur einen Fehler begehen: die Sache zugeben. Schließlich gibt es tausend Möglichkeiten, wie fragwürdige Dateien auf den eigenen Rechner gekommen sein können. Vor allem, wenn die Passwörter allgemein bekannt sind - wie in den meisten Firmen.





Mittwoch, September 24, 2003
§ 267 Strafgesetzbuch

GOB statt WOB - die Stadt Wolfsburg unterstützte die Werbekampagne ihres größten Arbeitgebers, indem sie sich zu "Golfsburg" verballhornen ließ. Ein überzeugter Bürger der Stadt hat nun ein Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung am Hals, weil er den "falschen" Buchstaben an seinem Autoschild überklebt hat. Mehr bei Spiegel online.

Vielleicht hilft § 153 Strafprozessordnung: Einstellung wegen geringer Schuld.





ZEIT

Die gesetzliche Zeit ist die mitteleuropäische Zeit. Diese wird von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt dargestellt und verwaltet (§§ 1, 2 des Gesetzes über die Zeitbestimmung (ZeitG) vom 25.7.1978).

Ob man dort einen Antrag stellen kann - auf mehr Zeit?





REKLAME

Jedes persönlich adressierte Werbeschreiben muss einen Hinweis enthalten, dass der Empfänger weiterer Werbung widersprechen kann. Außerdem muss eine Abbestelladresse angegeben sein. So verlangt es der neue § 28 Abs. 4 Bundesdatenschutzgesetz. Das Landgericht Hamburg verdonnerte laut Verbraucherzentrale Hamburg jetzt den Verlag Gruner + Jahr, sich daran zu halten.

Viel Spaß beim Durchforsten der Werbepost!

(link gefunden im AdvobLAWg)





Dienstag, September 23, 2003
VERWEIS

Verweis für einen Richter: Wegen "fahrlässiger nicht ordnungsgemäßer Erledigung der einem Strafkammervorsitzenden obliegenden Amtsgeschäfte" hat das Oberlandesgericht den Vorsitzenden einer Strafkammer am Landgericht Bad Kreuznach abgemahnt. Weil der Richter einem Verteidiger nicht oder nicht rechtzeitig Akteneinsicht ermöglichte, konnte der Prozess nicht innerhalb von 6 Monaten stattfinden. Die 3 Angeklagten wurden aus der Untersuchungshaft entlassen; 2 sind seitdem verschwunden.

(Pressemitteilung, gefunden bei Vertretbar.de)





SACHLICH

Zugegeben, die Sache lief nicht gut. Es ging um einen Fehler beim Überholen. Die Zeugen aus 2 verschiedenen Autos schilderten übereinstimmend, dass mein Mandant sich nicht besonders schlau verhalten hat. Ob die Ehefrau meines Mandanten wirklich bei ihm im Auto gesessen hat, will ich nicht beurteilen. Jedenfalls hat sie zu seinen Gunsten ausgesagt.

Nach der Beweisaufnahme sagte der Bußgeldrichter:

Herr Verteidiger, die Sache ist doch klar. Ihr Mandant nimmt also seinen Einspruch zurück.

Ist das eine Frage oder eine Feststellung?

Eine Bitte, ein dringender Vorschlag. Die Chancen liegen fast bei Null.

Das sehe ich nicht. Dann müssten sie die Ehefrau doch als unglaubwürdig darstellen. Das kostet einigen Begründungsaufwand im Urteil.

Und sie versuchen es dann über die Rechtsbeschwerde?

Könnte ich mir vorstellen.

Nehmen sie jetzt zurück? Oder nehmen sie nicht zurück?

Ich nehme nicht zurück.


Man konnte richtig sehen, wie es im Kopf des Richters arbeitete. Alleine der Zeitaufwand für ein Urteil. Die komplizierte Beweiswürdigung. Seitenlange Erwägungen. Wo man als Richter doch schon soooooo viel Stress hat.

Wissen sie was, Herr Verteidiger, dann stelle ich das Verfahren eben ein.

Ich bedanke mich höflich. Wie schön, dass sich Richter bei der Ausübung ihres Ermessens stets und ständig nur von sachlichen Erwägungen leiten lassen.





SCHMUTZIGES GESCHÄFT (?)

Für viele Ausländer gibt es praktisch nur eine Möglichkeit, ein bleibendes Aufenthaltsrecht in Deutschland zu erwerben: die Heirat mit einem Deutschen. Wen wundert es da, dass Scheinehen ein lukratives Geschäft sind? DIE WELT schildert einige Hintergründe des Business.

Vergessen wird bei dem Getöse allerdings, dass die Kriminalitätsbekämpfung auch hier wieder an der untersten Stufe ansetzt. Bei den armen Schweinen nämlich, den deutschen wie den ausländischen. Das kennt man aus der Drogenbekämpfung: Es ist ja so bequem, eine kleine Konsumentenversammlung an der Straßenecke zu sprengen. Dagegen machen die Ermittlungen gegen Hintermänner doch nur Ärger, Stress und verhindern einen pünktlichen Feierabend.

Der Aktionismus vernebelt auch, dass mit der Schnüffelei in Schlafzimmern massiv in die Grundrechte der Betroffenen eingegriffen wird. Die Ehe ist vom Grundgesetz geschützt. Nicht nur in Berlin gerät das mitunter in Vergessenheit und macht einem Pauschalverdacht gegen deutsch-ausländische Ehen Platz. Das führt dann natürlich auch dazu, dass "echte" mehrnationale Ehen vor erhebliche Belastungsproben gestellt werden.

Die Klage in dem Artikel, dass Gerichte der Migrationskriminalität eher gleichgültig gegenüber stehen, ist deshalb nicht ganz berechtigt. Nicht alles, was in den Augen eines emsigen Schnüfflers eine Scheinehe ist, muss auch eine sein. Dass viele Richter sich weigern, bloß wegen zu wenig Männerunterhosen im Kleiderschrank gleich messerscharf auf eine Scheinehe zu schließen, empfinde ich eher als beruhigend.

(link gefunden bei Handakte WebLAWg)





Montag, September 22, 2003
LOCKER BLEIBEN

Die NRZ über falsche Polizeibeamte:

Damit dies nicht passiert, empfiehlt das Präsidium, nicht leichtsinnig Kollegen in Zivilkleidung in die Privatwohnung zu lassen. "Machen Sie nicht gleich die Tür auf", rät Hartwich. Das Vorzeigen eines Dienstausweises gibt keine absolute Gewissheit. Auch die können gefälscht sein. Die Polizei hat in der Regel Verständnis dafür, wenn der Angesprochene darum bittet, einen Streifenwagen mit uniformierten Beamten zu schicken oder sich über die Notruf-Nummer 110 vergewissert, dass es sich um echte Polizisten vor seiner Haustür handelt.

Falls nicht, schicken Sie die Rechnung für den Schreiner bitte an Polizei-Sprecher André Hartwich, Postfach 101110, 40002 Düsseldorf.





MAKES MY DAY

Heute Morgen am Amtsgericht. Die Richterin hat mal wieder 15 Sachen auf einmal angesetzt. Es ist viel los im Saal. In der Schlange vorne erspähe ich einen alten Mandanten. Der hat sich in einer Strafsache von mir helfen lassen. Als die 2. Hälfte des Honorars fällig wurde, ist er unbekannt verzogen und war seitdem nicht mehr aufzutreiben.

Pech für ihn, dass die Richterin auch in der Zivilsache, die er jetzt offenbar auszufechten hat, Probleme mit seiner Adresse hat.

Herr W., sind sie umgezogen? Bei uns kommen manche Briefe zurück.

Herr W. nickt eifrig. Ja, er sei vor 6 Wochen umgezogen. Dann posaunt er seine neue Adresse in den Saal. Ich schreibe mit und schicke ihm jetzt den Gerichtsvollzieher auf den Hals.

Zum Glück hat er mich beim Rausgehen nicht bemerkt.





VERHÄLTNIS

Jemand hat 150.000 pornografische Bilddateien auf der Festplatte seines Computers. Bei einer Durchsuchung stellt sich heraus, dass davon 10 möglicherweise kinderpornografisch sind. Das macht einen Anteil von 0,0067 Prozent.

Spricht dann nicht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich dieser manische Bildersammler die beanstandeten Fotos unfreiwillig eingefangen hat, zum Beispiel über Newsgroups bzw. Spam? Liege ich wirklich so falsch, wenn ich unterstelle, dass ein Kinderpornografie-Interessent kaum 149.990 "normale" Bilder lädt, um darunter 10 mit strafbarem Inhalt zu verstecken? Hätte ein einschlägig Interessierter nicht wesentlich mehr Bilder auf seiner Festplatte?

Ich meine, hier spricht schon das äußere Bild dagegen, dass mein Mandant, der noch nie strafrechtlich aufgefallen ist, auch den erforderlichen Vorsatz hatte, diese 10 Bilder zu besitzen.

Die Staatsanwaltschaft beantragt 6 Monate Gefängnis.





AMTLICHE IRREFÜHRUNG

Belehrungen auf Bußgeldbescheiden können mit irreführenden Hinweisen enden, warnt die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). So schreibt beispielsweise das Thüringer Polizeiverwaltungsamt unter den "Allgemeinen Hinweisen“ auf den Bußgeldbescheiden: "Die Punktebewertung ist nicht Gegenstand des Bescheides und deshalb nicht durch Einspruch anfechtbar.“ Nach Ansicht der Verkehrsrechtler werde damit fälschlich der Eindruck erweckt, gegen die Punkte könne man sich nicht mehr wehren, sondern nur noch gegen das Bußgeld.

"Das ist natürlich völliger Unsinn!“ so Rechtsanwalt Hans-Jürgen Gebhardt, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im DAV. Gegen die Verhängung von Punkten könne man sich wehren, wenn man den Bußgeldbescheid insgesamt anficht, also Einspruch einlegt. Dies sei vor allem bedeutsam, da bei Bußgeldern ab 40,00 € automatisch Punkte vergeben werden. "Daran sieht man, dass man nicht alles glauben darf, was Behörden schreiben,“ so Gebhardt weiter. Im Übrigen könne man sich erfolgreich gegen Bußgeldbescheide wehren. So gäbe es zahlreiche Fehlerquellen bei den Messverfahren, wie falsche Geschwindigkeitsmessungen, falsche Abstandskontrollen oder auch falsch festgestellte Rotlichtverstöße.

(Pressemitteilung, danke an Sascha Kremer für den Hinweis)






Sonntag, September 21, 2003
TEMPO

Ein klitzekleines Städtchen unweit von Düsseldorf. Die Durchgangsstraße. Extrabreit und menschenleer. Nur am Rand steht ein Herr in Grün und winkt mit seiner Kelle. "Hier ist
Tempo 30", belehrt er mich. War ich zu schnell? "4 Kilometer drüber. Das können wir über eine
Verwarnung regeln. Sind sie mit 15 Euro einverstanden?"

Ich will die Geldbörse zücken, aber so einfach ist es nicht. Der Beamte will mir das Messvideo zeigen. "5 Minuten müssen sie schon haben", sagt er. "Wir wollen doch auch was für die Verkehrserziehung tun." Also trotte ich mit rüber zum Polizeibus. Der Wachtmeiser dort macht ein langes Gesicht. "Die Kiste hat mal wieder abgeregelt. Fehlmessung, keine Daten gespeichert."

Die bisher so gelassene Stimmung wird etwas gereizt, als der erste Beamte trotzdem 15 Euro kassieren will. Ich weise ihn darauf hin, dass ich den Begriff Fehlmessung so verstehe, dass die Messung nicht zuverlässig war. Und einen Beweisfilm gibt es ja auch nicht.

Das wäre egal, meint der Beamte. Messung sei Messung. Und außerdem sei der Kollege ja Zeuge, der habe ihm schließlich das angezeigte Tempo per Funk mitgeteilt. Ich stelle anheim, eine Anzeige aufzunehmen. "Dann muss halt das Amtsgericht entscheiden, ob auch eine Fehlmessung eine Messung ist."

Auf so was wollen die Herren sich dann doch nicht einlassen. Sie wünschen gute Fahrt. Von hinten naht das nächste Opfer.





Samstag, September 20, 2003
DER BOCK ALS GÄRTNER

Der Deutsche Anwaltsverein (DAV) hat laut beck-aktuell vor dem so genannten «Schadensmanagement» einiger Versicherer bei Verkehrsunfällen gewarnt. Diese stellten sich häufig als Mogelpackung heraus. Der Geschädigte solle sich unmittelbar an die gegnerische Versicherung wenden. Dies werde beim Schadensmanagement mit dem verlockenden Angebot verknüpft, dass alles für ihn geregelt werde. Dabei fallen aber nicht selten berechtigte Ansprüche unter den Tisch, so der DAV.

Das Schadensmanagement ist ein - natürlich verständlicher - Versuch, Anwalts- und Sachverständigenkosten zu sparen. Die gehören in Deutschland zum Schaden und müssen übernommen werden.

Nach meiner Erfahrung werden vom "Schadensmanagement" häufig schon selbstverständliche Positionen nicht gezahlt. Etwa die Auslagenpauschale von 25 Euro. Ich habe es auch schon erlebt, dass der Nutzungsausfall zu gering berechnet wird. Kleinere Schäden kann man sicher auch ohne Anwalt regulieren. Wichtig in solchen Fällen ist es aber, sich nicht zu sehr auf die Abrechnung der Versicherung zu verlassen, sondern jede einzelne Position genau zu hinterfragen. Aufs Stichwort liefern die Suchmaschinen Dutzende brauchbarer Checklisten.





Freitag, September 19, 2003
SELBSTHILFE

Der Tagesspiegel (via Handakte WebLAWg) gewinnt der Jusitzmisere positive Seiten ab:

Der Deal, die Absprache zwischen Anwalt, Staatsanwaltschaft und Gericht. Er gehört längst zum Alltag, verkürzt die Verfahren und spart wegen der häufigen Bewährung Millionen-Ausgaben für Haftplätze. Ein Skandal? Eher nicht. Der Deal hat den Segen der höchsten Gerichte. Dass Bürger sich deshalb angestachelt fühlen, Strafgesetze zu brechen, ist nicht zu beobachten.

Als Anwalt kann man auch bei weniger kooperationsbereiten Richtern viel erreichen, indem man die Sache eisern angeht. Beweisanträge, kein Verzicht auf Zeugenvereidigung, sehr sorgfältige und eingehende Befragung der Zeugen. Wenn es dann auf 13.30 Uhr zugeht, die Mägen knurren, für heute kein Ende absehbar ist und sogar noch weitere Verhandlungstage (Sachverständige! Auslandszeugen!) drohen, kommt dann unweigerlich der richtige Augenblick, um einen Deal anzustoßen.

Klappt fast immer...





WECHSEL

"Ohne Telefon und Online-Anschluss ist man ja kein Mensch mehr." Nach seiner eigenen Einschätzung hat mein Mandant am 10. September 2003 aufgehört zu existieren. An diesem Tag sollte eigentlich sein Telefonanschluss wechseln - von der Firma T. zur Firma A.

Während die Firma T. meinen Mandanten ankündigungsgemäß pünktlich abklemmte, erinnerte sich bei der Firma A. niemand mehr an die ursprüngliche Zusage, die da lautete:

Sie sind höchstens eine Viertelstunde ohne Telefon.

Mein Mandant stand also an einem Telefonhäuschen und rief diverse Callcenter an. Schließlich erfuhr er, es gebe Probleme mit dem Anschluss.

Aber das haben wir in den nächsten 2 Stunden im Griff. Dann funktioniert ihr Telefon.

24 Stunden später erklärte ein Techniker:

Ihr Anschluss ist im Clearing.

Was das heißt, wollte er nicht sagen. Dafür tröstete er meinen Mandanten:

Wenn es im Clearing ist, ist bald alles klar.

So geht das jetzt schon mehr als eine Woche. Bei jedem Anruf wird versprochen, dass es sich nur noch um ein paar Minuten, maximal um eine Stunde handelt.

Die Firma T. bedauert die Sache, kann aber angeblich nicht helfen:

Sie sind seit dem 10. September kein Kunde mehr bei uns. Die Probleme liegen auch nicht auf unserer Seite. Wir können nur was tun, wenn sie wieder zu uns wechseln.

Ein Formular für reumütige Heimkehrer wollte die Dame gleich faxen. Doch dann gluckste sie:

Ach, halt, sie haben ja kein Freizeichen.

Das war der Punkt, an dem mein Mandant begann, sich echt mies zu fühlen.

Fortsetzung folgt.





KINOSPASS

In Düsseldorfer Kinos werden laut Express jetzt die Taschen auf Videokameras kontrolliert. Aus Angst, jemand könnte den Streifen abfilmen und "ins Internet stellen".

Sich für teuer Geld auch noch von öligen, semiwichtigen Möchtegernbodyguards filzen lassen? Meine ohnehin geringe Lust, mal wieder ins Kino zu gehen, schwindet gegen Null.





SCHÜSSEL

Das Landgericht München I hat entschieden, dass die Aufstellung einer Satelliten-Schüssel durch den Mieter auf dem Balkon der zugehörigen Wohnung zulässig ist, sofern die Schüssel auf einem Ständer und nicht am Mauerwerk befestigt wird. Hierin sei weder eine optische Beeinträchtigung des Anwesens noch ein Eingriff in die Eigentumsrechte des Vermieters gegeben (Anwalt-Suchservice, gefunden bei Vertretbar.de).





Donnerstag, September 18, 2003
ANONYM

Das Landgericht Frankfurt am Main hat durch Beschluss vom 15.09.2003 festgestellt, dass es für die vom Bundeskriminalamt (BKA) begehrte Aufzeichnung von Telekommunikationsdaten im Rahmen des Anonymitätsdienstes «AN.ON - Anonymität Online» im Internet keine Rechtsgrundlage gibt (Az.: 5/6 Qs 47/03).

Näheres bei beck-aktuell.





NICHT VERGESSEN

§ 3 Abs. 5 Aktenordnung:

Die von der Vernichtung auszuschließenden Blätter sind schon bei ihrem Entstehen als solche zu bezeichnen.





KOMPETENZ



Simpsons Comics Nr. 83





SÜCHTIG

Ich habe mit einen Fall zu tun, in dem eine heroinabhängige Mutter es nach einigen Jahren geschafft hat, clean zu werden. Dann wurde sie schwanger. Ab dem 4. Monat hat sie dann wieder Heroin konsumiert. Jetzt kriegt das Baby, das gerade mal 2000 Gramm wog, Methadontropfen. Seine erste Lebenserfahrung ist schleichender Entzug.





Mittwoch, September 17, 2003
EFFIZIENT

Bevor ich mich für den Rest des Tages nach Kassel verabschiede, möchte ich die dortige Justiz loben.

Mein Mandant wurde am Sonntag, 7. September 2003 verhaftet. Verdacht auf Kreditkartenbetrug. Ich habe mich gleich am Montag gemeldet und Haftprüfung beantragt. Nur 30 Minuten später hat mir der Ermittlungsrichter eine Kopie des Haftbefehls, des Vorführprotokolls und eine Ladung für den heutigen Termin gefaxt.

Mit dem Staatsanwalt, der mich sogar zurückgerufen hat, habe ich dann ein freundliches Gespräch geführt. Hierauf wurde Anklage im beschleunigten Verfahren erhoben. Mit der Folge, dass ich mich Anfang dieser Woche mit dem Richter verständigen konnte, statt der heutigen Haftprüfung direkt eine Hauptverhandlung abzuhalten.

Mein Mandant wird - die Beweislage lässt nichts anderes zu - gestehen. Der Richter gibt ihm eine angemessene Bewährungsstrafe, über die wir uns im Grundsatz schon verständigt haben.

Ich kann den Mandanten gleich mit nach Hause nehmen. Und nach 10 Tagen ist das Strafverfahren rechtskräftig abgeschlossen.

Das ist effiziente Justiz. Wäre schön, so was auch mal bei uns in Nordrhein-Westfalen zu erleben.





10 MINUTEN NOCH

Ich belausche ein Gespräch auf dem Gerichtsflur.

Mandant: Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Das ist eine Verwechslung.

Anwältin: Ja, aber wenn sie es zugeben, wird es halb so schlimm. Sie haben doch gehört, was die Richterin sagt.

Mandant: Ich war es aber nicht. Ich kann keine Sache zugeben, für die ich nicht verantwortlich bin.

Anwältin: Können sie schon. Sollten sie auch. Weil es dann vorbei ist. Ist doch besser, man kriegt ein paar Monate auf Bewährung. Sonst kommt die Richterin noch auf die Idee und sperrt sie für ein halbes Jahr weg.

Mandant: Aber ich war es nicht.

Anwältin: Darauf kommt es gar nicht an. Wenn sie einmal angeklagt sind, glaubt ihnen diese Richterin sowieso nichts mehr. Das ist halt so. Die sagt sich, wenn es einer bis zu mir schafft, dann hat er Dreck am Stecken.

Mandant: Also gebe ich es zu?

Anwältin: Kommen sie, dann ist in 10 Minuten alles vorbei.

Beide gehen zurück in den Saal, wo kurz darauf "Recht" gesprochen wird.





QUOTE FÜR BILLIGFLIEGER

Bei Billigflugofferten müssen Fluglinien mindestens zehn Prozent der verfügbaren Plätze im Flugzeug zum niedrigen Preis anbieten oder alternativ die genaue Anzahl der zur Verfügung stehenden Billigtickets angeben, hat das Landgericht Hannover entschieden.

Damit dürfte die Jagd nach Ticketschnäppchen etwas transparenter werden. Ich frage mich nur, wieso bei Billigangeboten nicht grundsätzlich das Kontingent angegeben werden muss.

(tagesschau.de via m.e.p.HISTO-blog)





Dienstag, September 16, 2003
FRISTEN

Wer Fristen in letzter Sekunde wahren will, lebt gefährlich. Ein Anwalt faxte laut beck-aktuell um 23.58 Uhr seine Berufung ans Gericht. Doch das Gerichtsfax druckte die Eingangszeit mit 00.04 Uhr aus.

Damit wäre die Berufung zu spät gewesen, hätte der Anwalt nicht auf seinen Einzelverbindungsnachweis der Telekom verweisen können. Der Bundesgerichtshof gab ihm Recht mit der Begründung, dass die Telekom die Zeit besser im Griff hat als eine Justizbehörde.





SCHNÜFFLER 2

Ein Hoax scheint die GEZ für Überheberrechte nicht gewesen zu sein. Jedenfalls haben die "Ermittler" auf mein Schreiben die Denunziationsecke nicht nur vom Netz genommen.

Nein, sie investieren sogar Geld in eigene Anwälte:



Auszug aus dem Fax der Dormagener Kollegen:

Zudem weisen wir darauf hin, dass eine Datensammlung und Datenspeicherung nicht vorgenommen wird. Sollte auf der Homepage der Eindruck entstanden sein, so stellen wir dies hiermit für unsere Mandatschaft klar.





NEBENJOB

Heute gab es das erste Angebot, auf dem law blog bezahlte Werbung zu schalten.





SCHULDEN

Die Staatsverschuldung in Deutschland liegt nach Angaben des Bund der Steuerzahler (BDSt) bei mehr als 1,3 Billionen €. Zitat aus einer Pressemitteilung des BDSt:

Würde die öffentliche Hand ab sofort keine neuen Schulden aufnehmen und monatlich 1 Milliarde Schulden abbauen, würde es über 100 Jahre dauern, bis sämtliche Schulden getilgt sind. Der Staat muss in diesem Jahr fast 70 Milliarden Euro allein für Zinsen ausgeben. Das Aufkommen aus der Lohnsteuer beträgt gut 136 Milliarden Euro. Das bedeutet: Mehr als die Hälfte der Lohnsteuer geht mittlerweile direkt für Zinszahlungen drauf.

(via Vertretbar.de)





FESSELND

Gestern mit einem Richter gestritten, ob es erforderlich ist, dass ein 16-jähriger Angeklagter im Gerichtssaal mit Handschellen gefesselt ist. Die Wachtmeister beriefen sich auf einen Laufzettel der Haftanstalt, wonach Fluchtgefahr bestehen soll. Auf die Beanstandung hin mopperte der Richter erst einmal los:

Wenn das Gefängnis so etwas anordnet, haben die schon ihre Gründe. Die sind ja nicht doof. Da muss ein dickes Ding vorgefallen sein. Die Anordnung ist auch immer sorgfältig begründet.

Ich habe darum gebeten, dass die Begründung verlesen wird. Die Wachtmeister kramten in ihren Unterlagen. Auf dem Laufzttel stand aber nur "Gefesselt halten". Ohne Begründung.

Der Herr Vorsitzende verzog sich grummelnd in sein Zimmer. Er wollte telefonieren. Nach ein paar Minuten kam er wieder und verkündete lapidar:

Die Handschellen können abgenommen werden.

Soviel zur stets sorgfältigen Begründung. Scheint eher, als seien Druckfehler nicht ausgeschlossen.





Montag, September 15, 2003
SELBST SCHULD

Wer einen Gebrauchtwagen beim Händler kauft, muss sich selbst informieren, ob die vorgeschriebenen Wartungsintervalle in der Vergangenheit eingehalten wurden, so das Amtsgericht Hagen. Eine mangelhafte Wartung sei dem Serviceheft leicht zu entnehmen. Den Händler treffe daher keine gesonderte Hinweispflicht.

Laut beck-aktuell war im entschiedenen Fall das Auto des Klägers elf Monate (!) nach dem Kauf mit einem defekten Zahnriemen liegengeblieben. Der Käufer verlangte von seinem Gebrauchtwagenhändler die Abschleppkosten ersetzt, weil die Wartungsintervalle an seinem Wagen in der Vergangenheit nicht eingehalten worden seien.

Wenn das Serviceheft wirklich vollständig war, geht das Urteil in Ordnung. Schließlich kann man einem Verkäufer ja nicht die Verantwortung für alle Eventualitäten aufbürden.





HORROR

Allein auf Bundesebene existieren annähernd 90 000 Gesetze, Rechtsverordnungen und Einzelvorschriften. Und ihre Zahl wächst mit Parkinsonscher Gesetzmäßigkeit. Seit Beginn der neuen Legistlaturperiode hat die rot-grüne Kooalitionsregierung bereits 49 Gesetze verabschiedet, haben im Schatten des Parlaments die Bundesbehörden 387 Rechtsverordnungen erlassen.

Die Wirtschaftswoche dokumentiert in ihrer Printausgabe Seite um Seite die Titel aller Vorschriften, die im knappen Jahr seit der Wiederwahl von Rot-Grün erlassen worden sind.

Die WiWo nennt es ein Dokument des Schreckens. Sie hat Recht. Leider.





SECOND HAND

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir vertreten die rechtlichen Interessen Ihrer Kundin Petra F.

Unsere Mandantin erwarb bei Ihnen am 5. Dezember 2002 einen gebrauchten Trockner der Marke Constructa zum Preis von € 220,00. Sie gewährten ausweislich der Rechnung "1 Jahr Garantie". Das Gerät war defekt. Sie tauschten es am 18. Dezember 2002 gegen einen Trockner der Firma Whirlpool aus. Am 21. Januar 2003 funktionierte auch dieser Trockner nicht mehr und wurde abgeholt. Nach der "Reparatur" verlor das Gerät erhebliche Mengen Wasser.

Am 28. Februar 2003 erhielt unsere Mandantin den 2. Austauschtrockner, also das 3. Gerät. Dieser Trockner vom Typ Lavamat funktionierte am 17. März 2003 ebenfalls nicht mehr. Sie boten an, den Kaufpreis beim Erwerb eines neuen Gerätes zu verrechnen. Hiermit war unsere Mandantin jedoch nicht einverstanden. Sie forderte die Erstattung des Kaufbetrages.

Hierzu war Frau F. auch berechtigt. Sie haften nach dem allgemeinen Gewährleistungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches. Darüber hinaus haben Sie aber auch für 1 Jahr Garantie übernommen. Diese Erklärung macht nur Sinn, wenn die hiermit übernommene Verpflichtung weiter geht als die gesetzlichen Gewährleistungsrechte. Garantie bedeutet, dass Sie dafür einstehen, dass der Trockner 1 Jahr ohne Beanstandungen läuft. Das ist nicht der Fall gewesen.

Ohne wegen der Garantie hierzu verpflichtet zu sein, hat Ihnen unsere Mandantin 2x die Möglichkeit gegeben, ein fehlerfreies Gerät zu liefern. Dies ist 2x fehlgeschlagen; auf weitere Kompromisse muss sich Frau F. nicht einlassen.

Vorsorglich fordern wir Sie namens und im Auftrag unserer Mandantin nochmals auf, den Kaufvertrag rückgängig zu machen und die bezahlten € 220,00 zu erstatten. Unsere Mandantin stellt Ihnen im Gegenzug den Trockner zur Verfügung. Sollte das Geld nicht bis spätestens 23. September 2003 zurückgezahlt sein, wird Frau F. gerichtlich vorgehen.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt





Sonntag, September 14, 2003
HUMORLOS

Ein Mandant von mir ging durch die Fußgängerzone. Neben einem Brunnen hielt ihm eine praktisch nackte Dame, flankiert von einem Kamerateam, einen lilafarbenen Geldschein hin. "Da, schenk ich dir." Mein Mandant nahm die 500-Euro-Note, steckte sie in seine Hemdtasche und wollte weiter gehen. Hinter dem Kameramann kam jetzt ein junger Mann hervor. Er outete sich als Produzent und war hellauf begeistert. "Super, endlich mal einer, der die Kohle einfach nimmt und keine Fragen stellt. Oder rote Ohren bekommt."

Auf jeden Fall wollte der Produzent noch eine Unterschrift. Eine Freigabe, dass die Szene gesendet werden darf. "Nö", sagte mein Mandant. "Ich will nicht ins Fernsehen." Als auch größere Überredungsversuche nichts nutzten, verlangte der Produzent die 500 Euro zurück. Mein Mandant stand aber auf dem Standpunkt, dass ein Geschenk ein Geschenk ist. Das fand auch ein Streifenpolizist, der gerade des Weges kam. Trotzdem notierte er mal die Adressen aller Beteiligten.

Die Fernsehfirma gibt einfach nicht auf. Jetzt fordert sie die 500 Euro schriftlich zurück. Es habe sich nur um eine "Scheinschenkung" gehandelt. Für jeden Passanten sei erkennbar gewesen, dass "die Annahme des Geldes an die stillschweigende Bedingung geknüpft war, dass wir die Szene medial verwerten können".

Sollen sie doch klagen, sagt mein Mandant. Ich meine auch, dass wir das nicht verlieren können. Solange nicht Frau Salesch den Fall verhandelt...





Samstag, September 13, 2003
URLAUB

Wenn es mit dem Job zu Ende geht, stellt sich oft die Frage nach dem nicht genommenen Urlaub. Ob der Chef kündigt oder der Arbeitnehmer kündigt, spielt keine Rolle: Nicht genommener Urlaub muss grundsätzlich bezahlt werden.

Was aber die wenigsten wissen:

Endet das Arbeitsverhältnis nach dem 30. Juni, hat man als Arbeitnehmer Anspruch auf den vollen Jahresurlaub. So steht es ausdrücklich im Bundesurlaubsgesetz.

Die meisten Personalabteilungen, aber auch viele Arbeitsrichter und Anwälte rechnen ganz anders. Wenn das Arbeitsverhältnis zum Beispiel zum 30. September endet, rechnen sie 9/12 des Jahresurlaubs ab. Diese Aufstückelung erlaubt das Gesetz aber nur, wenn das Arbeitsverhältnis im ersten Halbjahr endet. Ab dem 1. Juli kann der Arbeitnehmer immer den gesamten Jahresurlaub verlangen; die andere Berechnung kostet ihn bares Geld.





Freitag, September 12, 2003
SCHNÜFFLER

Neben der GEZ schnüffeln demnächst auch noch Damen und Herren einer sog. "Gebühreneinzugszentrale für Urheberrechte" (Gezfu) in Unternehmen und Privathaushalten. Wie der tecChannel (via Handakte WebLAWg) berichtet, kann man Raubkopierer und Nutzer illegaler Software ganz bequem auf der Homepage dieser Institution denunzieren - und selbst anonym bleiben.

Ich habe starke Zweifel, dass diese Datensammlung und die anschließende Datenspeicherung legal ist.

Unabhängig davon ist die "Gezfu" aber nach dem Bundesdatenschutzgesetz verpflichtet, die Personen, deren Daten sie speichert, über die Speicherung zu informieren.

Weiter hat jeder das Recht, nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz von der Gezfu Auskunft darüber zu verlangen, ob und welche Daten über einen gespeichert sind. Nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz erstreckt sich der Auskunftsanspruch übrigens auch auf die Herkunft der Daten.

Im Falle unrichtiger Speicherung besteht ein Löschungsanspruch nach § 35 Bundesdatenschutzgesetz, der ebenso wie der Auskunftsanspruch gerichtlich durchgesetzt werden kann.

Ich habe der Firma gerade folgendes Fax geschickt:

Fax: 02131- 12 46 79 2
GEZFU
Gebühreneinzugszentrale für Urheberrechte
Postfach 110 150
D-41530 Dormagen

Auskunftsanspruch nach § 34 BDSG

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit fordern wir Sie im eigenen Namen auf, uns mitzuteilen, ob und ggf. welche Daten Sie - insbesondere über Ihre Datensammlung auf der Homepage http://www.gezfu.de/index.html - über folgende Person gespeichert haben und woher diese Daten stammen:

Udo Vetter, * 24. Dezember 1964
Lützowstraße 2
40476 Düsseldorf

Annette Mertens, * 27. Juli 1965
Lützowstraße 2
40476 Düsseldorf

Der Auskunftsanspruch ergibt sich aus § 34 Bundesdatenschutzgesetz.

Sollten Sie dem Auskunftsanspruch nicht nachkommen, wird dieser gerichtlich geltend gemacht.

Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass nach unserer Auffassung die Datensammlung und -speicherung auf Ihrer o.g. Homepage rechtswidrig ist und insbesondere gegen die Bußgeld- und ggf. sogar Strafvorschriften des BDSG verstößt.

Wir fordern Sie auf, rechtswidrig erlangte Daten sofort zu löschen.

Sollte die öffentliche Datensammlung auf Ihrer Homepage nicht bis spätestens 17. September 2003 eingestellt sein, werden wir die Staatsanwaltschaft bitten zu prüfen, ob eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat vorliegt.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt


PS. Auf das Schreiben erhebe ich kein Copyright :-)

Nachtrag 1: Interessante Hintergründe zu der "Firma" im Wortfeld.

Nachtrag 2: Bei der Gezfu wird auch sonntags gearbeitet. Das Formular zum Denunzieren ist offline.





PARKSCHEIBE, MAL WIEDER

Sie parkten bei Zeichen 286, ohne die vorgeschriebene Parkscheibe richtig eingstellt zu haben länger als 3 Stunden.

Länger als 3 Stunden kostet 25 Euro. Ich frage mich nur, wie stellt eine Politesse fest, dass der Wagen länger als 3 Stunden nicht bewegt wurde? Da kann man doch einige Male weggefahren sein (Kinder zum Kindergarten, Einkauf, Arztbesuch) - und dann hat man das Auto halt wieder in derselben Lücke geparkt.

Aber vielleicht hat die Politesse ja 3 Stunden an der Ecke gestanden. Oder im Baum gesessen. Auf ihre Aussage bin ich wirklich gespannt.





DIENSTWAGEN

Wer seinen Dienstwagen upgraded, muss dem Arbeitgeber häufig die Kosten für das teurere Modell oder die Zusatzausstattungen erstatten. Ein Chef hatte in den Arbeitsvertrag die Klausel aufgenommen, dass der Arbeitnehmer diesen Differenzbetrag in einem Schlag zahlen muss, wenn er aus der Firma ausscheidet. Konkret hätte das für den Mitarbeiter viel Geld bedeutet, weil der Leasingvertrag für den Wagen noch etliche Monate lief.

Die Klausel ist unwirksam, so dass Bundesarbeitsgericht. Sie verstösst sie gegen den Grundsatz, dass der Arbeitnehmer nicht zu Leistungen an den Arbeitgeber verpflichtet werden darf, wenn er seinerseits nichts mehr dafür bekommt.

Klingt logisch. Immerhin verbleibt das Auto ja in der Firma.

(Urteil gefunden bei beck-aktuell)







Donnerstag, September 11, 2003
SITZKULTUR

Das Gericht ist gerade erst renoviert worden. Auf schwarzem Leder sitzen nun die Staatsanwälte und die Richter, während für Angeklagte und Verteidiger Stühle mit Stoffbezug als ausreichend erachtet wurden.

Im lesenswerten Bericht der Süddeutschen Zeitung über den Korruptionsprozess gegen die frühere Hanauer Bürgermeisterin geht es nicht nur um Sitzkultur.

Es geht um Richter, die ihre Akten nicht lesen, Anträge der Verteidigung ignorieren und Zeugen je nach Sympathie befragen.

Es geht um den Alltag an unseren Gerichten.





MILIEU

Normalerweise regelt man so was mit dem Baseballschläger. Dachte man zumindest bisher, wenn es ums Rotlichtmilieu ging. Dass "Bar"besitzer jetzt sogar wettbewerbsrechtliche Unterlassungsklagen erheben, deutet entweder auf verbesserte Sitten - oder nackte Verzweiflung wegen flauen Geschäfts:

Der Betreiber einer Bar in Ostwestfalen, in der Prostituierten und ihren Kunden sexuelle Kontakte ermöglicht werden, hatte ein Anzeigenblatt verklagt, weil dieses in seinem Anzeigenteil Kleinanzeigen veröffentlicht, in denen sexuelle Kontakte angeboten werden. Der Barbesitzer sah sich hierdurch wettbewerbsrechtlich eingeschränkt und hat von der Zeitung Unterlassung der Veröffentlichung dieser Anzeigen verlangt. beck-aktuell

Der Wettbewerbssenat des Oberlandesgerichts Hamm war allerdings nicht bereit, sich in der Sache mit der Klage zu beschäftigen. Es entschied vielmehr, dass der Barbesitzer nur Räume für Sex vermietet. Als bloßer Zimmervermieter stehe er gar nicht einem Konkurrenzverhältnis zum Anzeigenblatt, das Werbung für direkte sexuelle Dienstleistungen ermöglicht.

Haha, nix Lude, nur eine bessere Concierge. Mit so was kann man im Milieu glatt seinen Ruf versauen...





HALTEVERBOT

Stadtverwaltung Düsseldorf
Amt für Verkehrsmanagement
40200 Düsseldorf

Sehr geehrte Damen und Herren,

vor dem Haus Lützowstraße 2 bis zum Straßenende Richtung Kennedydamm ist seit Ende August ein Halteverbot angeordnet. Dieses Halteverbot dauert ausweislich der Schilder vom 1. September bis zum 15. Oktober 2003; es gilt von 7.00 bis 18.30 Uhr. Und das stolze 6 Wochen lang.

Wir warten jetzt seit 11 Tagen, dass etwas geschieht, woraus sich der Sinn des Halteverbotes ergibt. Doch bisher haben wir keine Baufahrzeuge etc. wahrnehmen können, obwohl wir von unserer Kanzlei einen ungewohnten, dennoch aber hervorragenden Blick auf die mindestens 5 Stellplätze haben, die jetzt Tag für Tag frei sind.

Während wir gespannt warten, was da kommt, suchen Mandanten, Nachbarn und mitunter auch wir verzweifelt nach einem Parkplatz. Dass dies niemanden erheitert, brauchen wir wohl nicht näher zu erläutern.

Vielleicht können Sie uns darüber aufklären, wozu das Halteverbot dient und wieso es so "großzügig" angeordnet wird.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt





KETTENSÄGE

Was tut man nicht alles, um ans Geld einer Unfallversicherung zu kommen:

Als die Ärzte nach dem Vorfall im Januar vergangenen Jahres die Finger des 58-Jährigen wieder annähen wollten, waren sie verschwunden. Im Krankenhaus hatte der Verletzte angegeben, er habe die Finger wohl auf dem Weg verloren. Tatsächlich aber hatte der 28- Jährige Daumen und Zeigefinger nach eigener Aussage in eine Mülltonne geworfen. RP online

Statt 42.000 Euro gab es für den Einsatz der Kettensäge anderthalb Jahre Gefängnis.





Mittwoch, September 10, 2003
ERZIEHER?

Ein Urteil, das alle Eltern interessiert:

Das gegen zwei Erzieherinnen eines Lahnsteiner Kindergartens ausgesprochene Beschäftigungsverbot ist rechtmäßig: Die Erzieherinnen haben sich wegen der Anwendung entwürdigender Erziehungsmethoden als ungeeignet für ihre Tätigkeit erwiesen. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden. (Pressemitteilung des Gerichts)

Vertretbar.de weist auf die möglicherweise weitreichenden Folgen der Entscheidung hin:

Viel interessanter ist aber, was in der Begründung nur in einem Nebensatz erwähnt wird.

§ 1631 Abs.2 BGB: Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.

gelte nicht für die Eltern der Kinder, denen die Personensorge ohnehin obliegt, sondern erst recht für die in Ergänzung des elterlichen Erziehungsrechts tätig werdenden Erzieherinnen und Erzieher in Kindergärten. Denkt man die Entscheidung weiter, muss §1631 Abs.2 BGB dann auch im Verhältnis Lehrer zu Schülern Wirkung entfalten. Der Traum eines Züchtigungsrechts (etwa als strafrechtlicher Rechtfertigungsgrund) dürfte dann auch für die letzten Zweifler ausgeträumt sein.


Dem ist nichts hinzuzufügen.





VOLLES PROGRAMM

Die Stadt Düsseldorf zieht in den Krieg:

Der städtische Ordnungs- und Servicedienst wird spätestens Ende dieses Monats mit Kontrollen gegen Raucher in der City vorgehen, die ihre Kippen auf die Straße oder auf den Gehweg schnippen. Ertappte müssen dann zehn Euro Strafe zahlen, so die NRZ.

Das gibt schöne Prozesse vor dem Amtsgericht über die Frage, ob die "Zivilstreife" sich im Stadtgewimmel den richtigen Sünder gegriffen hat. 10 Zeugen. 2 Hauptverhandlungstermine. Anwalt, Richter. Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht. Eben das volle Programm. Im Gegensatz zu Strafzetteln wegen Falschparkens zahlt hier sogar die Rechtsschutzversicherung...





DER HERR DR.

Ein falscher Doktortitel kostet einen Anwalt nicht das Honorar. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt kann ein Mandant einen Vergleich mit seinem Anwalt nicht unter Hinweis auf den falschen Doktortitel des Juristen anfechten, berichtet WAZ-online.

(link gefunden bei Handakte WebLAWg)





UNVERLANGT ZUGESANDT

Die Macher vom M-E-X-Blog haben es gut. Sie kriegen seit Wochen die FAZ ins Haus geschickt, ohne die Zeitung bestellt zu haben. Anscheinend steckt eine Firma dahinter, die sich möglicherweise auf "unverlangt zugesandte" Ware spezialisiert hat.

Wie groß ist das Risiko, bei unverlangt zugeschickten Zeitungen etc. zahlen zu müssen?

Das neue Bürgerliche Gesetzbuch stärkt dem Empfänger den Rücken:

BGB § 241a Unbestellte Leistungen

(1) Durch die Lieferung unbestellter Sachen oder durch die Erbringung unbestellter sonstiger Leistungen durch einen Unternehmer an einen Verbraucher wird ein Anspruch gegen diesen nicht begründet.

(2) Gesetzliche Ansprüche sind nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung nicht für den Empfänger bestimmt war oder in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können.


Auch wenn Absatz 2 etwas zweideutig formuliert ist, braucht man sich eigentlich keine Sorgen zu machen. Rückforderungsansprüche sind in der Regel ausgeschlossen, so der Standardkommentar Palandt.

Die irrige Annahme einer Bestellung muss jedenfalls der Absender beweisen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte den Absender auffordern, den Vertragsschluss nachzuweisen. Der wird dies natürlich ignorieren und weiter nichtssagende Mahnungen schicken. Spätestens mit der Rückfrage kann der Absender aber kaum noch behaupten, er sei "irrig" von einer Bestellung ausgegangen - wenn er diese gar nicht vorlegen kann.

Früher galt die Regel, dass man unbestellte Waren 1/2 Jahr in den Schrank legen und zur Abholung bereit halten muss. Heute heißt es: freuen und konsumieren - der Absender hat es ja auch nicht besser verdient.





Dienstag, September 09, 2003
SPONSOR

Lyssa:

Gegen eins sah ich durch Zufall die letzte Minute des Films Hexenjagd ("The Crucible" im Original) auf Kabel 1. Der Film endet für einige der Protagonisten recht unglücklich mit dem Tod durch den Strick. Die allerletzte Einstellung zeigt nur noch die straff gespannten Seile am Balken hängen. Dann wird das Bild ersetzt durch einen Text auf weißem Hintergrund:

"Dieser Prozeß wurde Ihnen präsentiert von der Rechtsschutzversicherung der DEVK."






SCHNELL ENTFREMDET

Sehr geehrte Frau P.,

unser Mandant hat mit Ihnen die gemeinsame Tochter S., geboren am 15. Februar 2003.

Herr N. möchte nach besten Kräften seinen Pflichten als Vater nachkommen und für seine Tochter da sein. Wir schlagen vor, dass Sie das Sorgerecht mit unserem Mandanten gemeinsam ausüben. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie die Sorge in täglichen Angelegenheiten würde natürlich bei Ihnen verbleiben.

Es kommt unserem Mandanten nicht darauf an, Ihre Rolle als Mutter in Frage zu stellen. Andererseits hat auch er als Vater Rechte und Pflichten, denen er sich stellen will. Es kann auch für ein Kind nicht gut sein, wenn ihm der Kontakt zum Vater vorenthalten wird, so wie dies derzeit geschieht.

Wir bitten Sie, auf der beigefügten Kopie dieses Schreibens Ihr Einverständnis mit dem gemeinsamen Sorgerecht zu erklären. Sollten Sie hierzu nicht bereit sein, werden wir unserem Mandanten raten, sein Sorgerecht bzw. zumindest sein Umgangsrecht vor dem Familiengericht durchzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt





NETTO

Wer auf Gutachtenbasis abrechnet, bekommt nur noch den Nettobetrag als Schadensersatz. Diese Regelung hat der Gesetzgeber vor allem eingeführt, um die Autoversicherungen zu entlasten. Die müssen die Umsatzsteuer nur noch zahlen, wenn der Geschädigte eine entsprechende Reparaturrechnung vorlegt.

Um Schadensersatz handelt es sich zum Beispiel auch, wenn ein Vermieter Geld wegen unterlassener Schönheitsreparaturen verlangt. Die beliebte Abrechnung "auf der Basis des Kostenvoranschlages eines Meisterbetriebes" ist zwar nach wie vor möglich - aber eben nur noch netto.

Das neue Prinzip ist anscheinend noch nicht mal Anwälten klar. Aber was kümmert es mich? Ich stehe auf der Vermieterseite.





HÖCHSTSTRAFE

Gaeton Remy war nicht hungrig, sondern eher so erregt wie einst Mike Tyson im Ring. Doch den Biss ins Ohr eines Gerichtsangestellten mit einer "scharfkantigen goldenen Zahnprothese" hätte er sich lieber verkneifen sollen: Der 31-Jährige wurde in New York zu 25 Jahren Haft verurteilt. Spiegel online

§ 38 Abs. 2 des deutschen Strafgesetzbuches lautet:

Das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe ist 15 Jahre ...

Das nur zum Vergleich.





Montag, September 08, 2003
KLASSIKER

Cynx schreibt am 4. September:... ebenso lehrreich (und amüsant) ist der Klassiker unter den Blogs UdosLawBlog ...

Klassiker?

Trotzdem danke für die Blumen.





HILTI

Als Anwalt hat man es gut. Man verdient Geld mit den Sorgen anderer Leute. Wenn die Sorgen dann plötzlich mal die eigenen sind, wird mir immer wieder klar, wie nervig rechtliche Auseinandersetzungen sein können.

Heute vor einer Woche sitze ich im Büro, als im Nachbarhaus Handwerker loslegen. Schon nach fünf Minuten merke ich, dass bei jedem Hammerschlag die Grenzwand - direkt in meinem Rücken - ganz erbärmlich erzittert. Kurze Zeit später fallen mir ungefähr 15 fette Risse auf, die sich vom Ansatz der Raufaser bis über die Stuckdecke ziehen.

Nachdem ein Ortstermin recht wortkarg verlief, schreibt mir der Handwerker jetzt folgendes:

Bei den unsererseits ausgeführten Abstemmarbeiten mit der Hiltimaschine und den Kernbohrungsarbeiten ist zwar Lärm zu hören, es können jedoch keinerlei Schäden an dem Haus aufgetreten sein, dies können Sie bei jedem Architekten und Statiker nachfragen.

Wie bitte? Ich habe dabei gesessen und zugeschaut, wie Vorschlaghämmer, Hiltimaschine und sonstwas für Stärke 8 auf der Richterskala sorgten und den Stuck ruinierten. Und der gute Mann erzählt mir jetzt, das sei schlichtweg ausgeschlossen. Ich könnte glatt...

Wenn sich mal wieder ein Mandant aufregt, kann er sich ab sofort wieder meines vollen Mitgefühls sicher sein.





VORZEITIG

Arbeitsverträge enthalten mitunter überraschende Klauseln:

Der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer können mit dem Ende des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 62. Lebensjahr vollendet oder später, mit einer Erklärungsfrist von 6 Monaten das Vertragsverhältnis vorzeitig beenden. In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer vorzeitig Ruhegehalt...

Unter Bezug auf diese Bedingung "trennt" sich die Firma derzeit von etlichen langjährigen Führungskräften. Ich habe meinem Auftraggeber geraten, dagegen zu klagen. Immerhin verstösst eine Beendigungsmöglichkeit, die einseitig im Belieben des Arbeitgebers steht, gegen den bei uns geltenden Kündigungsschutz. Es kämen ja auch andere Auflösungsgründe in Betracht, wenn man so etwas für zulässig ansehen will: Schwangerschaft, Schwerbehinderung, die Vollendung des 50. Lebensjahres, der Wechsel der Haarfarbe...

Die gleiche Auffassung vertrat auch der Abeitsrichter. Darauf hin war die Firma plötzlich bereit, tief in die Tasche zu greifen und eine ordentliche Abfindung zu zahlen.

Der Anwalt der Gegenseite erzählt dann auch freimütig, dass er in erster Linie ein Urteil verhindern soll, das die Klausel für unwirksam erklärt. Immerhin gibt es in dem Unternehmen noch etliche gutbezahlte ältere Arbeitnehmer, von denen man sich mit Hilfe dieser Bestimmung dringend trennen will. Wie man hört, ist die Erfolgsquote gar nicht schlecht.





HAPPIG

Heutzutage muss man ja nur mal 3 Wochen im Urlaub sein, schon mahnen Inkassofirmen liegengebliebene Rechnungen an. Dafür setzen sie immer mit größter Selbstverständlichkeit happige Gebühren an.

Diese Kosten muss man als Schuldner nur in den seltensten Fällen übernehmen.

Es gibt viele Urteile, die kurzgefasst folgendes sagen:

1. Eine Mahnung kann jedes Unternehmen auch noch selbst schreiben. Dafür braucht man kein Inkassobüro.

2. Ein Inkassobüro darf erst nach Ablauf angemessener Fristen (möglicher Urlaub etc.) beauftragt werden. Besonders dann, wenn der Kunde bisher immer pünktlich gezahlt hat.

3. Der Kunde darf keine Einwände erhoben haben. Weigert sich der Kunde aus sachlichen Gründen, zum Beispiel mit Hinweis auf Mängel, die Rechnung zu zahlen, sind Formularbriefe von Inkassofirmen nutzlos.

4. Grundsätzlich kann jede Firma auch gleich einen Rechtsanwalt beauftragen. Bei dem werden die außergerichtlichen Mahnkosten auf spätere Prozessgebühren angerechnet. Kommt es also zum Rechtsstreit, sind Inkassokosten in aller Regel nicht erstattungsfähig.





Sonntag, September 07, 2003
GEISTERBAHN

Ein Rundgang durchs Vorstadtbordell.

Bemerkenswert: Es kommen genauso viele Anwälte wie Prostituierte vor.





ENTRÜCKT

Der neue Mandant, ein älterer Herr, gibt mir seine Visitenkarte.

Oh, die Telefonnummer ist nicht mehr aktuell.

Er streicht die alte Nummer, schreibt die neue daneben.

Moment noch, ich habe jetzt auch ein Fax.

Er kritzelt eine Faxnummer auf die Visitenkarte.

Ach, da fällt mir auf, die Postleitzahl ist jetzt ja auch fünfstellig. Moment mal, die lautet ... ich komme gleich drauf.

Schließlich notiert er auch noch seine neue Privatanschrift, denn er ist ja 1998 umgezogen.

Ich hoffe inständig, dass wenigstens der Name noch stimmt...





NICHT NUR IN FLORIDA

Der Unmut über Sozialhilfemissbrauch wächst. Die Berliner Morgenpost schildert einige aktuelle Fälle:

Die Frau und der Mann, beide 31, besaßen nach Angaben des örtlichen Amtsgerichtes Uhren und Schmuck im Gesamtwert von mehr als 106 000 Euro und ein Auto, das mindestens 20 000 Euro wert ist. Im hessischen Hofheim wurde ein mutmaßlicher Sozialhilfebetrüger mit Yacht und Eigentumswohnung enttarnt. Er soll sich in den vergangenen zwei Jahren 22 000 Euro erschlichen haben. Luxus auf Staatskosten auch im Landkreis Goslar: Dort leistete sich ein Sozialhilfeempfänger drei Autos. Eines davon, 44 500 Euro teuer, hatte der 31-Jährige erst vor einer Woche gekauft und bar bezahlt.

(link via Handakte WebLAWg)





Samstag, September 06, 2003
SELBST SCHULD

Jedes halbe Jahr befällt mich der do-it-yourself-Wahnsinn. Heute also bei trends in Haan ein Wohnzimmerregal und einen Hochschrank fürs Badezimmer besorgt. Geschleppt, geschraubt, geflucht. Einen Vorteil hat die Sache aber. Nach diesem Erlebnis freut man sich richtig auf einen Sonntag im Büro.

Note 2 myself: Beim nächsten Anfall diesen Eintrag lesen. Liefern und aufstellen lassen.





MAKLER & CO.

Interessant für alle Wohnungssuchenden:

Das Kassieren von Gebühren vor einer Wohnungsvermittlung ist nach einem Urteil des Amtsgericht Mitte von Berlin verboten. Es verurteilte die Wohnungsvermittlungsfirma «Home Info» dazu, einem Wohnungssuchenden 185 Euro eine so genannten Abonnementsgebühr zurückzuzahlen. Einzelheiten

Sowohl Makler als auch (vermeintlich) alternative Vermittlungszentralen nehmen immer wieder Buchungs-, Reservierungs-, Bearbeitungs- und Mitgliedsgebühren. Das ist alles nur Wortgeklingel. Für die Vermittlung von Wohnraum dürfen nur dann Kosten anfallen, wenn tatsächlich ein Vertrag geschlossen wird.

Wichtig: Die zu Unrecht gezahlten Gebühren können zurückgefordert werden.





SCHWUNGVOLL

Beim Aufsuchen der Toilette in ihrer Firma wurde einer Arbeitnehmerin (Umschülerin) von einer temperamentvollen Kollegin unbeabsichtigt die Toilettentüre so schwungvoll ins Gesicht geschlagen, dass es zu schweren Verletzungen am Kopf mit Sehverlust am linken Auge kam.

War das ein Arbeitsunfall? Das Bayerische Landessozialgericht sagt Nein:

Wird eine Arbeitnehmerin verletzt, während sie vor einer Toilette im Betrieb ansteht, so ist dies kein Arbeitsunfall. Im Betrieb sei zwar der Gang zur und von der Toilette geschützt. Das eigentliche «Geschäft» und das Verweilen schon hinter der äußeren Toilettentür aber nicht. Es handele sich insoweit nicht um ein betriebsbedingtes, sondern ein privates und damit von der gesetzlichen Unfallversicherung nicht umfasstes Tun.

Der Weg ist noch geschützt, das Warten aber nicht. Klingt für mich nicht sehr überzeugend. Vor allem war der Gang zur Toilette doch nur unterbrochen, bis diese frei wurde. Wenn tatsächlich schon die äußere Toilettentür die Grenze zwischen beruflichem und privatem Tun sein soll, dann hätte die Frau wohl besser behaupten müssen, sie habe sich nach dem Toilettenbesuch auf jeden Fall auch noch einen Tintenklecks von den Fingern waschen wollen...

(Quelle: beck-aktuell)





PRESSESCHAU

Udo im Express.





Freitag, September 05, 2003
FREI ERFUNDEN

Ein Beamter der Kreisverwaltung Cloppenburg hat einem abgelehnten Asylbewerber frei erfundene Personendaten zugeschrieben, um ihn leichter abschieben zu können. Vor Gericht wurde er jetzt freigesprochen.

Die ganze - merkwürdige - Geschichte in der Frankfurter Rundschau.

Das ist wieder so ein Fall, auf den das Strafgesetzbuch vielleicht nicht 100%-ig zugeschnitten ist. Aber nicht, weil solche "Kreativität" in einem Rechtsstaat erwünscht ist. Sondern einzig und allein deswegen, weil sich kein Gesetzgeber so einen Unfug überhaupt vorstellen kann, bevor er wirklich passiert.

(link gefunden bei Handakte WebLAWg)





E-R-M-I-T-T-L-U-N-G-SVERFAHREN

Chronologie eines "Ermittlungs"verfahrens wegen schweren Ladendiebstahls:

18.10.02: Die Polizei in R. fertigt eine Strafanzeige.

22.10.02: Das Polizeipräsidium in W. schickt die Akte an das Polizeipräsdium in D mit der Bitte, die Beschuldigte zu vernehmen.

04.11.02: Das Polizeipräsidium in D. verschickt eine Einladung zur Vernehmung für den 24.11.02.

18.11.02: Die Beschuldigte teilt der Polizei telefonisch mit, dass sie sich anwaltlich vertreten lässt.

19.11.02: Die Polizei in D. schickt die Akte an die Polizei in W. zurück.

24.11.02: Ich melde mich schriftlich als Verteidiger und beantrage Akteneinsicht.

20.08.03: Die Staatsanwaltschaft in W. bemerkt, dass sie sachlich nicht zuständig ist. Sie schickt die Akte an die Staatsanwaltschaft in D.

02.09.03: Die Staatsanwaltschaft in D. gewährt mir Akteneinsicht.

Viel passiert in den letzten 11 Monaten, oder?





TITEL

Wer schon mal einen Prozess verloren hat, kennt die Situation. Mit dem Urteil hat die Gegenseite einen vollstreckbaren Titel. Wenn jetzt nicht gezahlt wird, kommen der Gerichtsvollzieher, Lohn- und Kontopfändung. Die meisten überweisen das Geld und freuen sich - endlich ist Ruhe.

Eine Stolperfall gibt es allerdings. Der Gegner ist nach wie vor im Besitz des vollstreckbaren Titels. Den kann er in seine Schublade legen und Jahre abwarten. Häufig sind es aber auch Erben, die dann nach 7, 10, 15 oder sogar 20 Jahren auf das Papier stoßen und sich fragen, ob das Geld denn jemals gezahlt worden ist.

Wer in dieser Situation die Zahlung nicht (mehr) nachweisen kann, hat schlechte Karten. Denn das Urteil oder der Vollstreckungsgbescheid verbriefen den Zahlungsanspruch auf praktisch unbegrenzte Dauer. Wer dann keine Quittung vorweisen kann, zahlt doppelt.

Es ist deshalb superwichtig, sich nach einer Zahlung den Originaltitel aushändigen zu lassen. Am besten mit einem Vermerk des Gegners auf dem Titel, dass dieser bezahlt worden ist. Nur so lassen sich böse Überraschungen vermeiden.

Wenn der Gegner sich nicht rührt, kann man den Spieß sogar umdrehen und auf Herausgabe des Titels klagen.




Donnerstag, September 04, 2003
WEGE ZUM REICHTUM

Wie werde ich reich? Chirurgen müssen sich angeblich nur selbst verstümmeln - schon winken dicke Versicherungsprämien. Laut Express droht jetzt einem Chirurgen aus den neuen Bundesländern sogar Ärger mit dem Staatsanwalt. Er soll sich in der Hoffnung auf Millionen die Finger mit dem Skalpell selbst amputiert haben. Die Behauptung eines Unfalles mit der Kettensäge verweisen die Ermittler ins Reich der Legende.

Noch toller soll es aber der größte Pechvogel unter Deutschlands Chefärzten getrieben haben:

Innerhalb von zehn Jahren stürzte er angeblich mit dem Kopf ins Skalpell (Auge futsch), verlor Daumen und Zeigefinger beim Holzhacken, sein Dackel geriet bei der Jagd in den Flintenabzug (Hand von Schrot zerfetzt), beim Rasenmähen trat er ins Messer (Fuß zerfetzt) und langte dann noch unglücklich ins Mähwerk (Zeigefinger weg).





GEFÜHL

Telefonnotiz:

Herr Uwe L. bittet um Rückruf. Er hatte schon 2 Anwälte. Einer will ihm nicht mehr schreiben. Den anderen hat er wegen Befangenheit abgelehnt und bei der Kammer angezeigt. Er braucht dringend einen neuen Anwalt. Telefon...

Warum sagt mir mein Gefühl, dass heute eine ähnliche Notiz bei mindestens 10 weiteren Anwälten auf dem Schreibtisch liegt?





WOCHE DER AUSREDEN

Wir eröffnen die Woche der guten Ausreden. Gestern rettete sich eine Frau mit Odol vor einer Strafe wegen Trunkenheit am Steuer. Heute bemüht ein Chemiker seine Mama, um nicht wegen Anstellungsbetruges verurteilt zu werden:

Sein Zeugnis habe er nur gefälscht, um seiner eigenen Mutter zu gefallen, entschuldigte sich der 41-Jährige vor dem Landgericht Düsseldorf. Das Blatt mit der Note Eins statt Drei sei dann aus Versehen in die Bewerbungsmappe geraten. Die Erklärung klingt seltsam, aber die Richter akzeptierten sie.

Die ganze Geschichte steht hier.

Interessant wäre, warum der Nerd nicht wegen Urkundenfälschung verurteilt worden ist. Wahrscheinlich hat er nur eine Kopie verfälscht und hiervon wiederum eine Kopie vorgelegt. Kopien sind aber in aller Regel schlicht und einfach keine Urkunden.

Ähnlich ist es bei den beliebten Tacho-Justierungen. Es ist nicht verboten, seinen Tacho auf eine genehme Kilomterzahl zu drehen. Und strafbar ist es bislang auch nicht, so einen Service anzubieten. Der Betrug kommt erst ins Spiel, wenn der Besitzer einem Kaufinteressenten den falschen Tachostand als "wenig gelaufen" unterjubelt.





MORGENSTUND...

In einem Ermittlungsverfahren hatte ich angeboten, dass sich mein Mandant bei der Polizei vernehmen lässt. Aber nur, wenn ich dabei bin. Die Ladung der Polizei kam prompt:

15. September 2003, 7.00 Uhr.

Da ich 70 Kilometer Anfahrt habe, bat ich den Beamten um einen etwas späteren Termin. Der Polizist zeigte sich sehr kulant:

7.30 Uhr könnte ich machen.

Ich schlug vor, einen anderen Tag zu wählen.

Einen anderen Tag können sie haben. Wollen sie 7.00 Uhr? Oder eine halbe Stunde später?

Auf meine Bitte, a) eine christliche Zeit zu wählen und b) auf meinen Anfahrtsweg Rücksicht zu nehmen, erntete ich nur einen grimmigen Kommentar:

Für Vernehmungen mit Anwalt habe ich keine anderen Termine. Dann bleibt es beim 15. September.

Patsch. Eingehängt. Was machen? Ich entschied mich für ein Fax an den zuständigen Staatsanwalt. Drei Tage später flatterte mir eine neue Einladung der Polizei auf den Tisch:

15. September 2003, 10 Uhr.

Na, bitte. Es geht doch. Auf das Psychoklima bei der Vernehmung bin ich allerdings schon jetzt gespannt...





Mittwoch, September 03, 2003
KOMMENTARE

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INS KÄSTCHEN

0,3 Promille: Fahne war nur Mundspray
40-jährige Autofahrerin ging straffrei aus


Diese Ausrede kommt ins Schätzkästchen.

PS. Weiß jemand, auf welchem Atemspray dieser Hinweis steht? (Kommentar kann auch anonym hinterlegt werden, wg. Mundgeruch und so.)





DOOF?

Die Werbung mit 5 kostenlosen Büchern für eine 2-jährige Mitgliedschaft in einem Buchclub ist keine irreführende Werbung. Hat der Bundesgerichtshof entschieden. Die Kläger hatten geltend gemacht, bei so einem Angebot verliere jeder Verbraucher den Verstand. Was ja schon dadurch widerlegt wird, dass nicht alle Bundesbürger Mitglied in einem Buchclub sind.

Das Urteil ist interessant, weil es (erneut) klarstellt, dass es keinen Grundsatz gibt, wonach Verbraucher doof und übermäßig schutzbedürftig sind. Eine Zusammenfassung gibt es hier.

Das wird die Kollegen aus der Abteilung "abgemahnt & abgezockt" nicht besonders freuen...





HARTNÄCKIG

Heute mal meine urlaubende Kollegin (btw: schöne Grüße vom Lake Tahoe) am Arbeitsgericht vertreten. Unsere Mandantin, eine Firma mit ein paar hunder Beschäftigten, ist sehr angenehm. Sie weiß, wo die Grenzen für Arbeitgeber gesteckt sind. Deshalb bieten wir bei betriebsbedingten Gründen meistens die "Regelabfindung" an. Die beträgt ein halbes Bruttogehalt pro Beschäftigungsjahr.

Heute waren wir sogar bereit, noch etwas draufzulegen. Auch die Richter warnten die Klägerin, dass sie den Prozess verlieren kann. Immerhin haben wir ziemlich gute Gründe, die meine Kollegin auch seitenweise dargelegt hat. Die Sozialauswahl stimmt auch. Und der Betriebsrat wurde ordnungsgemäß angehört.

Obwohl für die Klägerin Euro 25.000,00 rausgesprungen wären, sagte sie kategorisch nein. Selbst auf den Hinweis des Gerichts, dass sie wahrscheinlich gar nichts bekommt, wenn ein Urteil gesprochen werden muss, blockte sie immer noch ab. Und ihr Anwalt bestärkte sie sogar noch darin: "Meine Mandantin möchte unbedingt ihren Arbeitsplatz behalten."

Wenn die Kündigung aber doch durchgeht, wonach es aussieht, hat die Gute keine Arbeit mehr. Und keine Abfindung.

Das verstehe, wer will.





BERATUNG

Vor dem Besuch beim Anwalt steht fast immer eine Hürde. Die finanzielle. Einige Kollegen machen die Situation nicht einfach. Sie sagen den Leuten auf die Frage, was eine Beratung kostet: "Das ist nicht so teuer. Wir rechnen nur die Erstberatungsgebühr ab."

Die "Erstberatungsgebühr" beträgt Euro 232,00. Ich glaube nicht, dass die Mehrzahl der Kunden an so eine Summe denkt, wenn sie "nicht so teuer" hört...

Hinzu kommt, dass die Aussage sachlich auch noch falsch ist. Die "Erstberatungsgebühr" ist in Wirklichkeit eine maximale Obergrenze. Mehr darf eine erste Beratung grundsätzlich nicht kosten. Bei niedrigen Streitwerten werden die Kosten meistens deutlich darunter liegen. Wenn es zum Beispiel um eine Forderung von Euro 400,00 geht, beträgt die Beratungsgebühr Euro 30,02.

Ich mache neuen Mandanten, die sich nicht so auskennen, immer folgenden Vorschlag:

Unser erstes Gespräch ist zunächst mal eine Beratung. Die kostet zwischen Euro 30,00 und Euro 50,00 pauschal. Nach der Beratung kennen sie meine Meinung und wissen, was aus meiner Sicht zu tun ist. Auf dieser Grundlage können wir dann entscheiden, ob wir, sofern erforderlich, weiter zusammen arbeiten. Wenn es weiter geht, wird die Beratungsgebühr angerechnet.

Ich glaube, so eine Regelung hat Vorteile für alle Seiten. Für den Mandanten ist das Abenteuer neuer Anwalt kalkulierbar. Ich muss nicht schon am Telefon endlos lange über die Gebührenordnung oder Stundensätze refererieren, sondern kann am Ende der Beratung, wenn ich den Fall kenne, über das spätere Honorar verhandeln. Der Mandant hat außerdem in Form der Beratung auf jeden Fall einen Nutzen, denn er hat einen konkreten Ratschlag erhalten.