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Mittwoch, Dezember 31, 2003
FRISCHE LUFT Vorhin auf dem Weg ins, äh, Büro eine Bekannte getroffen. Sie will heute abend in Benrath feiern, das liegt ein paar Kilometer außerhalb. Und wie kommst du nach Hause? Taxis sind ja kaum zu kriegen. Kein Problem, ich fahre mit dem Rad. Die frische Luft tut doch gut - nach dem ganzen Alkohol. Sorry, aber jetzt muss ich den Juristen raushängen lassen. Du weisst, dass man auch mit dem Fahrrad nicht angetrunken fahren darf? Und sogar seinen Führerschein verlieren kann? Nee, echt? Dann muss ich mir ja doch noch eine Mitfahrgelegenheit suchen. Ja, dann viel Erfolg. Und schon mal ein gutes Neues Jahr!
ALTLASTEN Häufig kommt es vor, dass in Strafakten Dokumente und Auszüge über längst verjährte Taten liegen - und die Entscheidung des Gerichts beeinflussen. Gleiches gilt auch für Führerscheinakten. Für letztere hat das Verwaltungsgericht Darmstadt jetzt entschieden, dass alles getilgt werden muss, was auf verjährte Delikte hinweist. Nur so könne gewährleistet werden, dass zum Beispiel die Gutachter bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung objektiv an die Sache herangehe. Deshalb ordnete das Gericht sogar an, dass neuere Schriftstücke, die lediglich Hinweise auf die alte Verurteilung enthalten, entfernt werden. (Quelle: rp-online) Dienstag, Dezember 30, 2003
UND DANN ... war da noch Herr X, der sowieso alles im Internet bestellt. Warum also ausgerechnet für freizügige DVDs immer in die Gegend um den Bahnhof schleichen? Da in Deutschland der Versand pornografischer Filme verboten ist, erfüllte ein Onlineshop aus Holland Herrn X gern alle Wünsche. Hätte auch alles prima weitergehen können, wäre eine Warensendung nicht den deutschen Behörden in die Hände gefallen. Herr X kriegte also keine Filme, sondern Ärger. In Form eines Anhörungsbogens. Als Beschuldigter. Wegen "Verbreitung pornografischer Schriften". Ein schöner Schreck für Herrn X. Denn es gibt nach § 184 Abs. 1 Nr. 4 Strafgesetzbuch bis zu ein Jahr Gefängnis für denjenigen, der es unternimmt pornografische Schriften "im Wege des Versandhandels einzuführen". Was sich so bedrohlich für Herrn X liest, ist aber gar nicht schlimm. Denn aus dem Vergleich mit anderen Ziffern des § 184 StGB ergibt sich, dass "Einführender" nur der ausländische Versender sein kann. Sämtliche Strafrechtskommentare sind deshalb der Meinung, dass ein Deutscher, der sich aus dem Ausland Pornos bestellt, sich genauso wenig strafbar macht wie beim Einkauf im Sexshop. Sämtliche? Nein, ein unbeugsamer Kommentator namens Tröndle hat bis zur 49. Auflage seines StGB-Kommentars dafür plädiert, auch Leute wie Herrn X zu bestrafen. Dumm nur, dass Herr Tröndle den Standardkommentar für Praktiker verfasst hat - und man in manchen Kriminalkommissariaten schon mal Antiquarisches auf dem Tisch stehen hat. So musste ich dem ungläubigen Beamten also die Kommentierung aus der mittlerweile 51. Auflage faxen, bevor er einsah, dass er mit diesem Verfahren nicht viel Lorbeeren ernten kann. Denn mittlerweile hat BGH-Richter Fischer den Kommentar übernommen und Tröndles Meinung ausdrücklich verabschiedet. Nachdem das Ermittlungsverfahren eingestellt ist, kann Herr X munter weiter bestellen. Muss er auch, denn bedauerlicherweise sind die sichergestellten Filme aus dem Büro des Polizeibeamten spurlos verschwunden. War wohl keine gute Idee, sie im offenen Karton am Fußende des Schreibtisches zu deponieren.
SIE WINDEN SICH Aufgrund zweier Urteile des Bundesgerichtshofes hatte ich meine beiden Lebensversicherungen angeschrieben. Ich bat darum, den Rückkaufswert neu zu berechnen, nämlich ohne die Vertreterprovisionen. Die Hamburg-Mannheimer behauptet in ihrer Antwort, sie habe alle erforderlichen Informationen erteilt. Dabei hat sie nicht nur die beanstandeten Klauseln fast wörtlich verwendet, sondern nach meiner Meinung auch genau die Tabelle abgedruckt, welche der BGH für nicht ausreichend erachtet. Die Debeka argumentiert anders. Zunächst behauptet die Versicherung, der BGH habe überhaupt nicht entschieden, dass Kunden einen Anspruch auf Neuberechnung ihres Rückkaufwertes hätten. Da es sich um Verbandsklagen handelte, hat der BGH logischerweise die Klauseln nur abstrakt geprüft. Aber was folgt denn aus der Rechtswidrigkeit? Dass die Vertreterprovisionen eben keine vertragliche Grundlage haben. Und wenn ihr Abzug nicht vereinbart war, können sie eben zurückgefordert werden. Aber auch für diesen Punkt hat die Debeka eine Antwort. Angeblich bedürfe es im Falle unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen "ergänzender Vertragsauslegung". Das dürfte falsch sein, weil Allgemeine Geschäftsbedingungen entweder wirksam oder unwirksam sind. Eine geltungserhaltende Reduktion, d.h. ein Zurückführen auf den gerade noch zulässigen Gehalt, ist ausdrücklich verboten. (Logisch, denn sonst würde man mit unwirksamen Klauseln kein Risiko eingehen, weil immer das gerade noch Zulässige gälte.) Außerdem verweist die Debeka ebenfalls auf eine Tabelle der Rückkaufswerte und einen Zusatz, wonach Abschlusskosten aus den ersten Beiträgen bestritten werden "müssen". Gerade in Verbindung mit den benstandeten Klauseln, wonach die Beiträge ja angeblich nach einem aufsichtsrechtlich genehmigten Verfahren berechnet werden, klingt das so, als habe die Versicherung keine andere Möglichkeit, als so zu verfahren. Dem Kunden wird also gerade nicht klargemacht, dass er sich hierdurch vertraglich binden soll, Abschlusskosten in erheblicher Höhe zu übernehmen. Schon interessant, wie unterschiedlich da argumentiert wird. Ich jedenfalls tendiere dazu, die Sache gerichtlich klären zu lassen - wenn die Versicherungen nicht doch noch nachgeben.
SCHÖN, DASS ES DICH GIBT Der Hersteller der Schokolade "merci" wirbt mit dem Spruch "merci, dass es dich gibt". Ein Grußkartenhersteller druckte auf seine Karten "Schön, dass es dich gibt" und beging einen verhängnisvollen Fehler - er fügte auch noch "Ritter Sport"-Schokolade bei. Wenn anderen Firmen das T gehört, dann gehört uns dieser schöne Spruch. Dachte man bei "merci" und zog vor Gericht. Vor dem OLG Hamburg blitzte die Firma jedoch ab: Dass es sich um eine Redewendung des allgemeinen Sprachgebrauchs handelt, ist im übrigen aber auch gerichtsbekannt. Wenn eine solche Botschaft gerade auf einer Grußkarte - also bestimmungsgemäß - verwendet wird, und zwar als alleiniger Text auf der Front und Schauseite, und die Darstellung noch von einem Bild begleitet wird, das die Botschaft inhaltlich unterstützt, hält es der Senat auch bei weiter Auslegung des kennzeichenmäßigen Gebrauchs für erfahrungswidrig, dass dennoch rechtlich erhebliche Anteile des angesprochenen Verkehrs aus der bloßen Wiederholung des Spruches auf den Seitenlaschen nunmehr den Schluss ziehen, die Grußbotschaft solle zugleich auch für die in ihr verpackte Schokolade als Herkunftshinweis dienen. Schöner kann man Offensichtliches wirklich nicht begründen... (via Jur Text online) Montag, Dezember 29, 2003
SCHRECK Ein Mandant hat über die Weihnachtstage einen Schreck bekommen. Er führt gerade einen Kündigungsschutzprozess gegen seinen Arbeitgeber. Der beschäftigt 7 Leute. Seine Frage: Wenn ab 1. Januar 2004 der Schwellenwert auf 10 Arbeitnehmer erhöht wird, habe ich dann ab sofort keinen Kündigungsschutz mehr? Verliere ich den Prozess? Wenigstens da haben sich die Parteien eine verständliche Regelung ausgedacht. Der erhöhte Schwellenwert gilt nur für Arbeitsverhältnisse, die ab dem 1. Januar 2004 beginnen. Arbeitnehmer, die vorher beschäftigt waren und Kündigungsschutz hatten, behalten ihn. Es sei denn, dass die Zahl der regelmäßig Beschäftigten auf 5 oder weniger sinkt; dann wäre auch nach altem Recht der Kündigungsschutz entfallen. In Betrieben zwischen 5 und 10 Arbeitnehmern wird es also künftig eine Zweiklassenbelegschaft geben.
PENG In der Silvesternacht dreht sich - juristisch gesehen - alles um die Erste Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1. SprengV). Wieviele Paragrafen, Verordnungen und Ausführungsbestimmungen in Deutschland nötig sind, um es mal richtig krachen zu lassen, ist hier akribisch zusammengetragen. (link gefunden bei LAWgical)
SADDAMS MILLIARDEN "Internationale Anwaltskanzleien" forschen nach 40 Milliarden Dollar. Saddam Hussein soll das Geld versteckt oder in Scheinfirmen investiert haben - laut Spiegel online möglicherweise auch in Deutschland.
NEBENKOSTEN Der Countdown läuft - für die Nebenkostenabrechnung 2002. Wenn diese bis übermorgen nicht im Briefkasten der Mieter liegt, sind eventuelle Nachzahlungen verfallen. Siehe auch den vorherigen Eintrag.
RÜCKSCHEIN "Ich habe den Brief mit Einschreiben/Rückschein geschickt." Argh. Immer wieder ein Fehler, vor allem, wenn mit der Kündigung eine Frist gewahrt werden soll. Wenn der Empfänger nicht zu Hause ist, hinterlässt der Postbote lediglich einen Benachrichtigungszettel. Den Brief nimmt er wieder mit. In diesem Fall hat der Empfänger den Brief noch nicht erhalten. Etwaige Erklärungen, Kündigungen zum Beispiel, werden damit auch nicht wirksam. Der Empfänger ist nicht verpflichtet, den Brief innerhalb der Lagerfrist von 7 Werktagen auf dem Postamt abzuholen. Er muss schon deshalb nicht Zeit und Aufwand auf sich nehmen, weil es die Deutsche Post AG nicht für nötig erachtet, wenigstens den Absender auf dem Benachrichtigungszettel zu notieren. Fristgebundene Briefe also am besten immer persönlich (mit Zeugen) oder per Boten einwerfen. Wenn schon Einschreiben, dann nur die Variante Einwurf. Da nimmt der Briefträger die Sendung nämlich nicht wieder mit. Diese goldenen Worte widme ich dem Menschen, der mir am Samstag ein Einschreiben/Rückschein an die Privatadresse geschickt hat. Sonntag, Dezember 28, 2003
GEHALTSPOKER Beim Poker um die Gehaltserhöhung hat in diesen Zeiten meist der Chef die Asse im Ärmel. Wenn er partout kein Geld rausrücken will, kann man ihn vielleicht mit Zugaben locken. Die Wirtschaftswoche (Printausgabe Nr. 52/2003, S. 118) listet - neben dem Dienstwagen - einige geldwerte Vorteile auf, um die man verhandeln könnte: Handy, Fax und Telefonanschluss sind für den Arbeitnehmer sogar steuerfrei, selbst wenn er ausschließlich privat damit telefoniert. Festnetztelefone und Faxe können problemlos in der Privatwohnung des Arbeitnehmers installiert werden. Hauptsache, die Firma bleibt Eigentümerin der Geräte. Notebook und PC sind ebenfalls steuerfrei, selbst wenn sie ausschließlich privat genutzt werden. Der Arbeitgeber darf sogar Farbdrucker, Software und eine Spielkonsole spendieren. So lange er Eigentümer der Geräte bleibt, kann das Finanzamt keine Einkommenssteuer verlangen. Die Mitgliedschaft im Fitnessclub kann der Arbeitgeber bis zu 50 Euro monatlich finanzieren - wiederum steuerfrei für den Arbeitnehmer. Die Kosten für den Kindergarten können laut dem Bericht sogar voll vom Arbeitgeber übernommen werden.
BÖSES KIND Sohn (11) ersteigert mit Papas ebay-Passwort einen BMW. Für 54.900 Euro. Papa will nicht zahlen und kriegt vor Gericht Recht. Näheres im Express.
HOT Pst: Bei der expertenzentrale gibt es Anwaltsvideos zu heißen Themen. Wie "Scheidung tut weh" und "Trunkenheit im Straßenverkehr". Jedes Video kostet ab 2,99 Euro aufwärts. Gibt es eigentlich schon eine TGP für kostenpflichtigen, aber nicht pornografischen content? Samstag, Dezember 27, 2003
KOSTENTREIBER Axel hat auf auf einer Homepage folgendes Impressum entdeckt. Er möchte wissen, ob man sich damit vor Abmahnkosten schützen kann: Sollte auf unseren- oder auf einer von uns verlinkten Seite, oder einer Seite welche über eine Link-Kette von dieser aus erreichbar ist, ein Rechtsverstoß bemerkt oder vermutet werden, bitten wir um formlose Nachricht per E-Mail, gegebenenfalls mit Benennung der vollständigen Link- Kette. Wir prüfen umgehend jede Beanstandung und treffen angemessene Maßnahmen zur Beseitigung eventueller Störungen. Ich bin eher skeptisch, weil ein möglicher Rechtsverstoß ja nicht nachträglich aus der Welt geschafft werden kann. Die Zusage, sich schnellstmöglich um Beanstandungen zu kümmern, könnte sogar als "bedingter Vorsatz" ausgelegt werden, nach dem Motto: Wir prüfen immer erst hinterher, ob unsere Inhalte rechtswidrig sind. Und das mit der Geschäftsführung ohne Auftrag dürfte auch nicht ziehen, weil die dortigen Vorschriften ohnehin nur entsprechend herangezogen werden, um die Übernahme der Abmahnkosten zu rechtfertigen. Andere Meinungen?
AUFKLÄRUNG Microsoft erläutert das Urheberrecht (auf einer Programm-CD): Sie sind nicht berechtigt, unrechtmäßige Kopien dieses Datenträgers zu erstellen.
MÜLL Einleitung eines Artikels in Spiegel online über einen neuen Handydienst: Nachdem das Internet bereits mit Millionen von Weblogs zugemüllt ist... Fragt sich nur, wer hier den Müll produziert. Freitag, Dezember 26, 2003
KRÄFTIG RUMGEDREHT Strafanzeige wegen Körperverletzung. Angeblich hat mein Mandant K., ein Taxifahrer, auf seinen Kollegen eingeprügelt. Da freut es einem doch immer, wenn die einzige Augenzeugin folgendes angibt: "Herr T. und Herr K. haben sich unterhalten. Dann hat T. dem K. plötzlich den Zeigefinger ins Auge gesteckt und den Finger kräftig rumgedreht." Da ist es ja wohl zumindest keine Frage mehr, wer "angefangen" hat. Donnerstag, Dezember 25, 2003
DURCH DIE HINTERTÜR Mit der Mietrechtsreform 2001 sollten die langen Kündigungsfristen für Mieter abgeschafft werden. Langjährige Mieter hatten bis zu einem Jahr Kündigungsfrist. Das erschwerte die Suche nach einer neuen Wohnung und schränkte die Mobilität ein. Der Gesetzgeber hat deshalb die verlängerten Kündigungsfristen nur noch für Vermieter beibehalten. Mieter sollen dagegen immer mit dreimonatiger Frist kündigen dürfen, wobei die Kündigungserklärung erst am 3. Werktag des ersten Monats beim Vermieter eingehen muss. Der Bundesgerichtshof dreht die Uhr jetzt wieder zurück, indem er in einer merkwürdigen Entscheidung vom 22. Dezember 2003 den Verzicht des Mieters auf sein Kündigungsrecht für wirksam ansieht. So werden die verlängerten Kündigungsfristen durch die Hintertür wieder eingeführt. Denn Vermieter werden im Zweifel nur an Interessenten vermieten, die erst einmal für einen stattlichen Zeitraum auf ihr Kündigungsrecht verzichten. Und die Gerichte werden sich demnächst mit der Frage herumschlagen dürfen, ob solche abgepressten oder in Formularen enthaltenen Erklärungen wirksam sind. Die Mietervereine laufen Sturm, Haus und Grund jubiliert - berichtet beck-aktuell.
NIX PASSIERT An alle erschrockenen Leser, die eine vermeintliche Strafanzeige der Polizei Düsseldorf erhalten und sich hilfesuchend an mich gewandt haben: Mein Computer funktioniert noch, der Antivirensoftware sei Dank. Mittwoch, Dezember 24, 2003
HAND AUF Für Wohnungsmietverträge gibt es erstmals eine eigenständige Betriebskostenverordnung. Bisher mussten die einzelnen Betriebskosten im Mietvertrag einzeln aufgezählt werden. Häufig wurde auch auf die II. Berechnungsverordnung verwiesen, die an sich nur für den sozialen Wohnungsbau gilt. Im Vergleich zu den bisherigen Musterverträgen bringt die Verordnung nur einige Änderungen. Elementarversicherungen, z.B. gegen Erdbeben und Hochwasser, können auf die Mieter umgelegt werden. Auch an den Kosten für Müllmengenerfassung und besonderen Müllbeseitigungsanlagen (Kompressoren, Schlucker etc.) dürfen Mieter beteiligt werden. Klar geregelt ist erstmals auch, dass Eigenleistungen des Eigentümers zu marktüblichen Preisen abgerechnet werden dürfen. Dieser Punkt wird mit Sicherheit zu vielen Prozessen führen, wenn handwerklich begabte Eigentümer oder solche, die sich dafür halten, für jeden Pups von ihren Mietern 60 Euro pro Stunde haben wollen. Die Verordnung gilt nur für Verträge, die ab dem 1. Januar 2004 abgeschlossen werden. (link über HandakteWebLAWg)
TOT Prozesse an den Sozialgerichten sind bislang gebührenfrei. Das soll sich nach Plänen der Bundesländer ändern, berichtet der Tagesspiegel. Allerdings stellt sich die Frage, ob Gerichtsgebühren ausgerechnet da sinnvoll sind, wo eher die Bedürftigen klagen - wegen Behindertenrente, Arbeitslosen- und demnächst auch Sozialhilfe. Dann müssen wieder zig Prozesskostenhilfeverfahren vorgeschaltet werden, die auch Geld kosten - und den ohnehin lahmen Rechtszug noch verlängern. Aber vielleicht sind dann noch mehr Kläger schon tot, bevor sie Recht bekommen... (Danke an Mathias Schindler für den link) Dienstag, Dezember 23, 2003
J-U-L-I-U-S-! Mein Patenkind Julius, seit Sonntag 3 Jahre alt, hat mir vorhin ein Diktatband aus dem Sekretariat gebracht. Das andere Ende hatte er seinem Kuschelhund um den Hals geknotet. Ich hatte kurz die Hoffnung, dass es sich um ein Band von seiner Mama handelt. Doch der kleine Racker weiß schon, wer ihm einfach nicht böse sein kann...
TEUER Vodafone hat sich einen Dienst ausgedacht, bei dem der Anrufer bezahlen muss - obwohl der angerufene Anschluss gar nicht erreichbar ist. Der NDR berichtet, wie das geht: Hat ein Vodafone-Kunde sein Handy ausgeschaltet oder befindet er sich gerade in einem Funkloch, wird er per SMS über alle eingehenden Anrufe von Vodafone informiert, sobald das Handy wieder im Netz ist. Die SMS besteht aus der Telefonnummer des Anrufers, dem Datum und der Uhrzeit. Interessanterweise gibt es diesen Dienst nur, wenn der Vodafonekunde seine Mailbox deaktiviert hat. Schon dadurch zeigt der Kunde eigentlich, dass er definitiv nicht erreichbar sein möchte. Warum drängt ihm Vodafone dann Anrufernachrichten auf? Aber genauso gut könnte man ja auch fragen, warum Vodafone ständig ohne Einverständnis MMS-Werbung in eigener Sache schickt... (link gefunden im advobLAWg)
ERSTMALS Erstmals hat ein deutsches Gericht rechtsextreme Musiker der Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung schuldig gesprochen. Von den "selbst ernannten Terroristen mit E-Gitarre" sei eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgegangen, erklärten die Richter laut Süddeutscher Zeitung. Weiter heißt es in dem Bericht: "Bundesanwalt Joachim Lampe nannte das Urteil richtungsweisend. Erstmals sei eine Musikgruppe als kriminelle Vereinigung eingestuft worden. Das gebe der Kriminalpolizei in Zukunft bessere Möglichkeiten des Zugriffs und der Aufklärung rechtsextremistischer Straftaten. Auch Richter Wolfgang Weißbrodt bezeichnete den Prozess als Novum." Angesichts der Liedtexte wird sich die Empörung darüber in Grenzen halten, dass in unserem Land mittlerweile Autoren und Musiker wegen ihrer Meinung und deren Kundgabe ins Gefängnis wandern. Warten wir also getrost ab, bis demnächst "geistige Brandstifter" aus einer genehmeren Ecke zu Gangsterbossen gekürt und damit nonchalant aus dem Verkehr gezogen werden. Hoffentlich ist es dann für einen Aufschrei nicht zu spät. Montag, Dezember 22, 2003
GEWONNEN
Die Sieger bei den Blogawards 2003 sind heute bekanntgegeben worden. Der law blog hat sich den Titel "Bestes Fachblog" gesichert - mit 19,22 % der abgegebenen Stimmen. Danke an alle Leser. Und an alle, die abgestimmt haben.
UNSCHULDIG Die DNS-Analyse bringt unschuldig Verurteilte aus dem Gefängnis. Und sie wirft ein schlechtes Licht auf die Qualität konventioneller Beweismittel, insbesondere Zeugenaussagen: Tag für Tag werden Menschen verurteilt, die von Augenzeugen via Lichtbild und/oder Gegenüberstellung als Täter identifiziert wurden. Dabei ist längst erwiesen, dass auf visuelle Erinnerungen kein Verlass ist. Vor allem, wenn es um die Identifikation vermeintlicher Täter geht. Die Folgen so genannter Falschidentifikationen sind fatal: von ein paar Jahren über lebenslänglich bis hin zur Todesstrafe ist für die unschuldig Verurteilten alles drin. Die erschreckende Bilanz eines FBI-Agenten: in rund 25 Prozent der untersuchten Fälle passt die DNS des Verdächtigen nicht zu den Spuren, die am Tatort gefunden wurden. Erschreckend ist diese Quote deshalb, weil sie Rückschlüsse zulässt auf die Zahl der unschuldig Verurteilten, die in den Gefängnissen der Vereinigten Staaten sitzen. Ein sehr interessanter Artikel in der Telepolis. (danke an Mathias Schindler für den link)
RESTURLAUB Im Falle einer Kündigung stellt sich immer die Frage nach dem Resturlaub. Nehmen? Oder auszahlen lassen? Die Süddeutsche Zeitung schildert in einem guten Artikel nicht nur, dass das Arbeitsamt bei Abgeltung des Resturlaubes häufig den Löwenanteil kassiert. Sie gibt auch praktische Tipps, wie man als Arbeitnehmer das Dilemma am besten löst.
PPK Nina berichtet über eine PolizeiPupillenKontrolle: Nichts Böses ahnend von einer Polizeistreife angehalten worden, Fenster runtergekurbelt, Polizist leuchtet mit Taschenlampe in mein Gesicht, testet links und rechts mein Auge, halb blind frage ich ihn ob was besonderes sei, ich sehe schemenhaft sein Kopfschütteln und er sagt: Ihr könnt weiterfahren.
FALSCHE ANZEIGE Das Landgericht Köln hat einem Unternehmer Schmerzensgeld gegen eine Internet-Autobörse zugesprochen. Ein Scherzbold (?) hatte mit den Telefonnummern des Unternehmers folgende Anzeige veröffentlicht: "Porsche 993 - 29.000 EUR - EZ 08/1997 - AU/TÜV 08/2003, Schwarzes Coupé, Volleder und Vollausstattung, bis auf Navi, Technoräder, unfallfrei, 1. Hand, lückenloses Scheckheft, keinen Kratzer, wenig Steinschlag. Wegen privater Insolvenz sofort zum Festpreis abzugeben! Der Wagen ist sein Geld 3x wert!" Das Landgericht Köln ist zwar der Meinung, dass eine Anzeigenbörse nicht jede Anzeige darauf überprüfen muss, ob sie korrekt aufgegeben ist. Beim Vorkommen von Worten wie "Pleite" oder "Insolvenz" treffe die Firma aber eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Das Schmerzensgeld beträgt € 2.000,00. Dabei legte das Gericht zu Grunde, dass der Unternehmer rund 40 Anrufe erhielt. (via Handakte WebLAWg und LAWgical) Sonntag, Dezember 21, 2003
KNAST FÜR ANTI-SPAMMER Anti-Spam-Software in Unternehmen ist nicht ganz ohne rechtliches Risiko. Auf diesen Gesichtspunkt weist die Zeitschrift c't hin: Auf dem privaten PC, in Firmen und bei Providern gehören Spam-Filter inzwischen zur Standardausrüstung, ohne die angesichts der ständig wachsenden Flut von unerwünschter Werbung das Medium E-Mail unbrauchbar würde. Während dies bei Endnutzern rechtlich unbedenklich ist, entstehen bei der automatisierten Filterung von E-Mails durch Provider und in Unternehmen ohne Kenntnis und Zustimmung der Empfänger rechtliche Probleme. Unter Umständen machen sich Mitarbeiter und Eigentümer solcher Firmen durch das Löschen von E-Mails sogar strafbar. Der Autor Rechtsanwalt Joerg Heidrich weist darauf hin, dass e-mails unter das Post- und Fernmeldegesetz fallen. Nach § 206 StGB drohen jedem, der eine solche Sendung "unterdrückt", bis zu fünf Jahre Haft. Als einzigen Ausweg sieht er nur die vorherige Einwilligung aller potientiell Betroffenen in die Filterung. (via M-E-X-blog) Samstag, Dezember 20, 2003
GOLDENE BRÜCKEN Wer noch Geld in Luxemburg liegen hat oder wegen anderer Steuersünden nicht gut schlafen kann, kann im Jahr 2004 die "goldene Brücke zur Steuerehrlichkeit" überschreiten. Das verabschiedete Amnestiegesetz beschert nicht nur Straffreiheit, sondern auch einen pauschalen Steuersatz von 25 %. Das Gesetz hat einige Tücken. Deshalb wird es Anwälten und Steuerberatern ordentlich Arbeit bringen. Trotzdem bleibt ein, wie ich finde, extrem fader Beigeschmack. Ehrliche Steuerzahler haben ihre Einkünfte nämlich mit bis zu 48,5 % versteuert. Sie stehen jetzt deutlich schlechter da als (Steuer-)Kriminelle. Das war dann ein teurer, ruhiger Schlaf. Freitag, Dezember 19, 2003
NOTEBOOK Ein Urteil, das jedem strafrechtlich tätigen Anwalt Freude macht: Einem Verteidiger, der die für die Mandantengespräche erforderlichen Unterlagen Ein Weihnachtsgeschenk vom Bundesgerichtshof. Danke! (via Handakte WebLAWg)
KOMMENTARE
Nein, ich musste die Kommentare nicht abschalten :-) Aber anscheinend hat der Provider momentan technische Probleme. Deshalb Entschuldigung für die langen Ladezeiten.
ANKLAGE Die Anklageschrift gegen Michael Jackson ist bereits veröffentlicht (3 S. PDF). (via Handakte WebLAWg)
UMTAUSCHRECHT Es gibt kein generelles Umtauschrecht. Nur bei Mängeln können Kunden und Beschenkte ihr Geld zurück verlangen. Wer sich mit seinem Geschenk also nicht ganz sicher ist, sollte sich ein Umtauschrecht einräumen lassen. Schriftlich. Am besten auf dem Kassenbon. Näheres beim Anwalt-Suchservice.
"BERATUNG"
Manche Anwälte halten ihre Mandanten für dumm. So wird diesen kategorisch erklärt, für eine Scheidung sei ein Unterhaltsvergleich zwingend erforderlich. Wenn gar kein Unterhalt zu regeln ist und die Parteien dies auch nicht wollen, ist der Vergleich aber nur im Gebühreninteresse des Anwaltes. Denn sein Honorar erhöht sich um gut 25 %. Hierzu das Landgericht Düsseldorf: Nachdem der Beklagte Rechtsanwalt L. mit Schreiben vom 13. September 2001 dem Kläger die unzutreffende rechtliche Auskunft erteilt hatte, ein Vergleich mit den entsprechenden gebührenrechtlichen Folgen sei in jedem Fall erforderlich, und hieran auch mit Schreiben vom 27. September 2001 festgehalten hatte, musste der Kläger, was aus seiner Sicht gerechtfertigt war, davon ausgehen, durch ihn nicht die optimale und in jeder Hinsicht seinen Interessen entsprechende Beratung und Vertretung zu erhalten, so dass er das Mandatsverhältnis zu Recht kündigen durfte. Die falsche und nicht vollständig mandantenorientierte Beratung durch den Rechtsanwalt L. stellt zugleich eine positive Vertragsverletzung durch die Beklagten dar, die sie zum Schadensersatz verpflichten (23 S 378 Urteil vom 26. November 2003). Ob mich der Kollege demnächst noch grüßt, wird sich zeigen. Donnerstag, Dezember 18, 2003
VERWEIS Ein württembergischer Gymnasiast hatte die Idee, auf seiner Homepage Lehrer und Mitschüler wüst zu beschimpfen. Gegen den folgenden Schulverweis klagte er - ohne Erfolg, berichtet Spiegel online.
BEQUEM Die Bahn kann sich bequem zurücklehnen. Für sie gilt gilt nach wie vor eine Vorschrift aus dem Jahre 1938, die kurz und knapp lautet: Verspätung oder Ausfall eines Zuges begründen keinen Anspruch auf Entschädigung. Unter Berufung auf diese Vorschrift wies das Landgericht Frankfurt/Main jetzt die Schadensersatzklage von Reisenden ab, die ihren Flug nach Mexiko verpasst hatten. Die Pressestelle des Gerichts scheint mit Frustreaktionen zu rechnen. Denn sie fügt ihrer Info eine diplomatische Bemerkung an: "Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der derzeitigen Überlegungen von Deutscher Bahn AG und Gesetzgeber, die Haftung für Verspätungsschäden entweder durch Allgemeine Geschäftsbedingungen oder durch ein Gesetz zu begründen." (via Handakte WebLAWg)
VIELLEICHT Gerd Nohl, der Richter über die Mörder von Tom und Sonja, hat seinem umstrittenen Satz per Gerichtssprecher noch ein "vielleicht" hinzufügen lassen - nachträglich. Peinlich. Eine Diskussion über Kinderschänder und deren - gewünschte? - Haftbedingungen hat er auf jeden Fall losgetreten: Freiwild Täter? - Frankfurter Rundschau "Wie lebendig begraben" - Spiegel online (links von Mathias Schindler) Mittwoch, Dezember 17, 2003
BIG BROTHER V - DIE FRAGEN Eine Mandantin, die schrecklich gern ins Fernsehen möchte, erkundigt sich, ob die Bewerberfragen für Big Brother V überhaupt zulässig sind: Wie ist Ihre sexuelle Orientierung? Was sind Ihre sexuellen Vorlieben? Wie lange dauerte Ihre bisher längste Beziehung? Nennen Sie uns bitte den Namen und die Kontaktdaten dieser Person. Wie hoch ist Ihr monatliches Einkommen? Waren Sie schon einmal arbeitslos? Haben Sie Ersparnisse? Wenn ja, wie sind Sie zu diesen gekommen? Was war das teuerste Geschenk, das Sie je gemacht haben und wem haben Sie es geschenkt? Was sind Ihre wirklichen Ängste, (Tod, Krankheit und Arbeitslosigkeit einmal ausgeschlossen)? Hätten Sie ein Problem damit, Ihren Körper im BB-Container nackt zu zeigen? Zumindest die eine oder andere "längste Beziehung" könnte es schon stören, wenn sie demnächst mit Namen und Adresse und in sehr privatem Kontext bei einer Fernsehfirma gespeichert ist.
PRANGER Hallo Udo, im Netz gibt es ja immer mehr Dialer-Seiten. Ich bin gerade auf der Suche nach einem Rezept wieder auf eine gestoßen. http://www.ich-koche.de - weder Impressum noch Webmaster lassen sich anklicken. Und bei jedem Rezept oder Rubrik, wo man draufklickt, muss man die Zugangssoftware installieren. Das alles, ohne irgendeinen Hinweis irgendwo, was das kostet und genau bedeutet. Kann man da nichts machen? Das muss doch an die Öffentlichkeit, an den Pranger. Gerade die Hausfrauen, die Rezepte suchen, sind oft Anfänger im Netz. Ich reg mich grad richtig darüber auf und hab an Dich gedacht, mehr nicht :-). Musst nicht antworten ... höchstens mir sagen, ob es ein Prangerforum oder etwas ähnliches gibt ... die besten Grüße :)) Engelbert http://www.seelenfarben.de Hallo Engelbert, bei Prangern helfe ich doch gerne. Udo
GELD ZURÜCK Eine Prostituierte muss 8.200 Euro an den Staat zurückzahlen. Ein Beamter hatte ihre Dienste mit veruntreutem Geld bezahlt. Die Prostituierte sagte, sie habe gedacht, der Beamte zahle mit eigenem Geld. Doch das Oberlandesgericht Karlsruhe billigte ihr laut rp-online keinen "Vertrauensschutz" zu. Das Urteil klingt merkwürdig. Müssen Vertragspartner sich jetzt immer aktiv vergewissern, dass ihre Kunden mit legalen Geld zahlen? Und wie soll das gehen? Das alles würde deutlich über die Anforderungen hinausgehen, die zum Beispiel bei Geldwäsche gelten. Dort ist nämlich positive Kenntnis oder wenigstens - vereinfacht ausgedrückt - grob fahrlässige Unkenntnis von dem "Makel" des Geldes erforderlich.
GUTE NACHRICHT
Puh. Der law blog steht bei der Nominierung zum "blogwart" nicht auf der Liste. Bei der Konkurrenzveranstaltung Blogawards 2003 läuft die Abstimmung noch bis zum 22. Dezember 2003. Der law blog steht dort als "Bestes Fachblog" zur Wahl.
BETREUUNGSRECHT Unfall, Krankheit, Alter - jeder kann zum Betreuungsfall werden. Über die rechtlichen Hintergründe und Möglichkeiten, das eigene Schicksal rechtzeitig in die Hand zu nehmen, informiert das Bundesjustizministerium mit folgendem aktuellen Angebot: Informationsbroschüre (53 Seiten PDF) Muster Vorsorgevollmacht (PDF) Muster Betreuungsverfügung (PDF) Ich kann jedem nur empfehlen, eine Vorsorgevollmacht und / oder eine Betreuungsverfügung auszustellen. Nur so lässt sich verhindern, dass man später in die Hände von "professionellen" Betreuern fällt. Oder dass ein Gericht ausgerechnet denjenigen zum Betreuer ernennt, der es nur auf die Kohle abgesehen hat. (via Handakte WebLAWg)
FERNSCHACH Die Begeisterung für Fernschach im Internet schützt einen Sozialhilfeempfänger nicht vor gemeinnütziger Arbeit - auch wenn er diese für "stumpfsinnig" hält. Das Verwaltungsgericht Neustadt verdonnerte einen 33-jährigen deshalb dazu, als Hilfskraft bei der Stadtverwaltung zu arbeiten. beck-aktuell Dienstag, Dezember 16, 2003
F 3 Aus einem Urteil: Das Gericht hat sich schwer getan, die Strafe aber trotzdem noch einmal zur Bewährung aussetzen können. Aber der Angeklagte muss sich klar darüber sein, dass er nach so vielen Straftaten beim nächsten Mal nicht mehr mit Milde rechnen kann. Sollte er das in ihn gesetzte Vertrauen erneut missbrauchen, kann er auf keine Nachsicht mehr hoffen und muss die Folgen seines Handelns auf sich nehmen. Komisch, in der Entscheidung davor, die vom gleichen Richter stammt, steht Wort für Wort dasselbe. Das ist wohl der Fluch der F3-Taste.
DATENTRÄGER Besteller eines Abos belehrt das Handelsblatt über ihr Widerrufsrecht: Mir ist bekannt, dass ich die Bestellung innerhalb der folgenden zwei Wochen ohne Begründung bei der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH ... schriftlich per Datenträger (Postkarte, Brief etc.)widerrufen kann. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung. Schon seltsam, dass ausgerechnet Brief und Postkarte als Beispiele für Datenträger herhalten müssen. Dazu kommt, dass der Widerruf nach dem Gesetz gerade nicht "schriftlich" erfolgen muss, sondern lediglich in Textform (§ 355 BGB). Die Textform ist in § 126b geregelt. Danach muss die Erklärung "in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben" werden und in der Regel mit einer Unterschrift enden. Trotz der wiederum seltsamen Formulierung reicht es aber aus, wenn die Erklärung am Bildschirm des Empfängers lesbar ist. Auch eine e-mail genügt also der Textform (Palandt-Heinrichs, § 126b Rdnr. 3). Das Handelsblatt möchte wahrscheinlich verhindern, dass Verbraucher per e-mail widerrufen. Indem die Erklärung aber den Eindruck erweckt, es sei Schriftform erforderlich, geht sie über die ausreichende Textform hinaus. Und der Begriff Datenträger sorgt für Unklarheit, die im Zweifel auch zur Unwirksamkeit der Klausel führt. Folge: Das Widerrufsrecht ist nicht auf zwei Wochen befristet. Montag, Dezember 15, 2003
FRISTLOS Diebstahl und Unterschlagung sind stets ein wichtiger Grund, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 11. Dezember 2003 entschieden. Das Gericht hält die Kündigung einer Verkäuferin für wirksam, die 62 Miniflaschen Schnaps mit nach Hause nehmen wollte, die eigentlich schon abgeschrieben waren. Ganz schön streng. In den unteren Instanzen wird das zum Glück deutlich differenzierter gesehen. Da spielen auch Beschäftigungsdauer, Wert des Gegenstandes und die Verhältnismäßigkeit eine große Rolle. Grundsätzlich wird die Rechtsprechung aber offensichtlich strenger.
NICHT BELIEBT Über die Arbeit der Steuerfahnder berichtet Spiegel online: "Es gibt Nachteinsätze, Überstunden sind keine Seltenheit. Und wir stoßen auf Feindseligkeit, wenn wir auftauchen. Die Leute empfinden uns als Aggressor und reagieren auch entsprechend." Die Teams müssen dann beruhigend wirken und jegliche Eskalation verhindern. "Wenn es nicht anders geht, dann holen wir die Polizei."
WIE BITTE? Eine Autoversicherung antwortet in einer Unfallsache prompt auf mein Anspruchsschreiben: Sehr geehrter Herr Vetter, in o.g. Angelegenheit bejahen wir unsere Eintrittspflicht hinsichtlich der Unfallschäden am Fahrzeug Ihres Mandanten. Keine Einwände? Keine sinnfreien Rückfragen, nur zum Zwecke der Verzögerung? Das ist man heutzutage echt nicht mehr gewohnt...
GLITZER Eine Neusser Familie lässt laut Express 28.000 Weihnachtslämpchen auf dem Dachboden. Die bislang so ausladende Weihnachtsbeleuchtung ihres Häuschens hat zu toten Mäusen im Briefkasten und sogar zu Morddrohungen geführt. Das Foto im Bericht zeigt angeblich die aktuelle, abgespeckte Version der Festtagsdeko. Wenn das so ist, sollten sich die Leute mal überlegen, ob ihre Nachbarn nicht zu Recht stinkig sind.
GESCHENKIDEE Die Kinderkanzlei ist die passende Idee, um frühzeitig streitsüchtige Nachwuchsjuristen heranzuzüchten. Mir scheint das Produkt allerdings noch nicht ganz ausgereift, zum Beispiel fehlt die Geldzählmaschine :-) (via Jurabilis) Samstag, Dezember 13, 2003
DIALER Internet-Dialer sind ab Sonntag, 14. Dezember 2003, nur noch legal, wenn sie mit der Einwahlnummer 09009 beginnen. Sämtliche Dialer-Verbindungen, die über 0190 oder 0900 aufgebaut werden, lösen keine Zahlungsansprüche aus. So verspricht es die Regulierungsbehörde. Laut rp-online kann die Rufnummerngasse 09009 auch gesondert gesperrt werden. Eigentlich seltsam, dass es die Abzocker noch nicht geschafft haben, DSL-Anschlüsse in Groschengräber zu verwandeln. Oder ist mir nur was entgangen? Freitag, Dezember 12, 2003
ZENTRALRUF Heute beschwerte sich eine Mitarbeiterin, dass sie beim Zentralruf der Autoversicherer (0180/25026) nicht durchkommt. Dort kann man die Versicherung von Unfallbeteiligten erfragen. Das geht eigentlich auch online. Aber das muss sich erst einmal rumsprechen, dass man man den Internetanschluss am Arbeitsplatz auch beruflich nutzen kann.
UNGESCHÖNT Arbeitsämter dürfen keine Sperrzeit verhängen, weil ein Arbeitsloser seine Bewerbungen nicht schönt. Das hat das Bundessozialgericht entschieden. Ein Arbeitsloser hatte wahrheitsgemäß auch auf weniger tolle Aspekte in seinem Lebenslauf hingewiesen. Das Arbeitsamt vertrat den Standpunkt, er müsse sich positiv darstellen. Laut dem Bericht von beck-aktuell soll eine Sperrzeit nur verhängt werden dürfen, wenn der Arbeitslose gar kein Schreiben abschickt. Hm, wenn sich das rumspricht, dürfte es für einige wesentlich leichter werden, zuverlässig arbeitslos zu bleiben...
60 EURO Einmal verwählen kann 60 Euro kosten. Oder die Paketkarte ist nur ein Trick, damit man sich auf einer 0190er-Nummer blödsinnige Ansagen anhört. teltarif.de schildert die aktuellen Maschen der Telefon-Abzocker. (link über shithappens) Donnerstag, Dezember 11, 2003
HAUPTPREIS Nur mal unterstellt, der law blog macht bei der Abstimmung zu den Blogawards 2003 das Rennen als "Bester Fachblog". Ahnt jemand eigentlich, was dann für ein toller Preis ins Haus steht? Die Veranstalter haben es verlautbart: wir arbeiten an einem deal mit 9live/hh1/dsf, damit die sieger dann eine nachtsendung mit call-in moderieren koennen, quasi als hart umkämpfter hauptpreis. Der Frank Lachmann von argh (ebenfalls nominiert) hat nicht nur das Zitat ausgegraben. Ihm wird wie mir auch schon ganz kribbelig bei dem Gedanken, dass wir uns zwischen Ruf!-mich!-an!-Spots im Leopardentanga an einer Stange räkeln dürfen.
ABGEHOBEN Die gesetzlichen Fristen gelten auch dann, wenn das Gericht falsch über ihren Ablauf belehrt hat. So der Bundesgerichtshof. Ein Argument aus der Begründung: Weil Zivilgerichte nicht über Rechtsmittelfristen belehren müssen, sind sie auch nicht für falsche Belehrungen verantwortlich. Wer es sich mal antun möchte, mit welch geschliffener Feder Richter ihre Kollegen und deren Personal von jedweder Veranwortung für eigene Handlungen reinwaschen, klicke bitte hier. Eine Kurzfassung gibt es bei beck-aktuell.
SCHNELLGERICHT Bußgeldstellen machen in letzter Zeit immer häufiger kurzen Prozess. Bei Verkehrsverstößen (insbesondere Radarmessungen) wird überhaupt nicht mehr ermittelt, wer wirklich der Fahrer gewesen ist. Stattdessen kriegt einfach der Halter einen Anhörungsbogen. Wenn er von seinem Recht Gebrauch macht, nichts zu sagen, kommt dann der Bußgeldbescheid. Das ist klar rechtswidrig. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 1993 nämlich entschieden, dass aus der Halter- nicht einfach auf die Fahrereigenschaft geschlossen werden darf: Auch bei privat genutzten Fahrzeugen ist die Möglichkeit, daß sie von Familienangehörigen, Angestellten, Freunden oder Bekannten des Halters geführt wurden, im allgemeinen zu naheliegend, als daß das Gericht sie ohne weiteres außer acht lassen könnte, ohne seine aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herzuleitende Aufgabe zu verletzen, alle Beweise erschöpfend zu würdigen (2 BvR 843/93). Wer das weiß, kann sich die Faulheit der Ordnungsämter zu Nutze machen. Nach drei Monaten ist die Sache gegen den wahren Sünder verjährt. Und der Bußgeldbescheid gegen den Halter muss - sofern Einspruch eingelegt wurde - aufgehoben werden. Die gesamten Kosten trägt die Bußgeldbehörde. Mittwoch, Dezember 10, 2003
PORTOKASSE Schwitzen statt Sitzen sollen Straftäter künftig nach dem Willen der Bundesregierung. Der jetzt verabschiedete Gesetzentwurf soll "kreative Strafen" erlauben, insbesondere die gemeinnützige Arbeit. Bisher gibt es bei Erwachsenen nur Geld- und Freiheitsstrafen. Das Problem bei den Geldstrafen ist, dass diese viele Straftäter einfach nicht bezahlen können - und beim Abbrummen der Ersatzfreiheitsstrafe (1 Tagessatz = 1 Tag Gefängnis) die Haftanstalten verstopfen. Auch interessant: Das Fahrverbot wird zur Hauptstrafe aufgewertet. Das trifft dann vor allem Leute, die eine Geldstrafe aus der Portokasse zahlen würden. (beck-aktuell)
DINO Vergleichsverhandlungen. Kein einfacher Fall. Aber auch nichts, was unmöglich wäre. Einer der Teilnehmer reist aus Kanada an. Ein weiterer aus Norwegen. Dazu kommen noch Anwälte und weitere Teilnehmer aus der Region. Die Gespräche nehmen einen vielversprechenden Anfang, auch wenn man uns erst einmal eine halbe Stunde warten lässt. Ein wesentlicher Teilbereich der Problematik kann sogar gelöst werden. Es sieht gut aus. Dann wenden wir uns der 2. Hälfte zu. Kaum hat einer der Teilnehmer seine Vorstellungen genannt, erklärt unser Verhandlungspartner: "Das war es. Das Gespräch ist hiermit beendet. Ich wünsche noch einen schönen Tag." Keine Begründung. Kein weiterer Kommentar. Nichts als - ein Rausschmiss. Auf dem Weg zum Flughafen meinte mein Mandant: "This guy has the negotiating skills of a dinosaur." Dem ist nichts hinzuzufügen.
2. KLASSE Kinder sind nicht gleich Kinder. Zumindest nicht bei sexuellem Missbrauch. So äußert sich das Oberlandesgericht München über die strafbaren Taten eines 64-jährigen wie folgt: Vielmehr waren die Kinder aufgrund bestehender Verwahrlosungstendenzen infolge fehlender erzieherischer Wirkung ihrer Eltern erkennbar selbst an den vorgenommenen sexuellen Handlungen interessiert. Dies hat der Angeklagte lediglich ausgenutzt, ohne hierbei irgendwelchen körperlichen oder psychischen Druck auszuüben. Der Satz als solcher steckt voller Ungeheuerlichkeiten. Für das Gesetz macht es zunächst einmal überhaupt keinen Unterschied, ob Kinder an sexuellen Handlungen "interessiert" sind, sofern ein solches Interesse überhaupt auf freier Willensbildung beruhen kann - was ich bezweifle. Sexueller Missbrauch von Kindern ist strafbar, egal, ob das Kind "einwilligt" oder sogar eine aktive Rolle spielt. Dass Kindern aus sozialen Brennpunkten zu Menschen zweiter Klasse abgestempelt werden, scheint das Oberlandesgericht München auch nicht zu sehen. Glücklicherweise gibt es auch in der Münchner Justiz heftige Kritik an der Entscheidung. Einzelheiten in der Süddeutschen Zeitung und bei Telepolis sowie bei Vertretbar.de. Dienstag, Dezember 09, 2003
GEKNIFFEN Wann liegt ein schwerer Betrug vor? Bei der Frage nach dem erforderlichen Vermögensschaden geisterten immer verschiedenste Zahlen durch die Gerichtssäle der Republik. Mal waren schon 10.000 Euro ein "Vermögensverlust großen Ausmaßes", dann wieder reichten 100.000 Euro doch noch nicht. Die Grenze liegt bei 50.000 Euro, hat der Bundesgerichtshof jetzt entschieden. Das ist wieder eines der Urteile, bei deren Lektüre sich etliche Straftäter in den Hintern beißen, weil ihre Verurteilung vor dieser Entscheidung rechtskräftig geworden ist. Nachträglich ändert sich nämlich nichts. Ich habe noch ein paar Sachen im Aktenschrank, bei denen diese Klarstellung sehr hilfreich sein wird... (Quelle: beck-aktuell)
GRENZEN Spiegel online: Es mehren sich die Polizeieinsätze gegen streikende Studenten. In Göttingen trugen Beamte Dutzende Streikposten aus Unigebäuden. In Berlin müssen Kriminalisten nach dem Täter fahnden, der den Weihnachtsbaum vor dem Roten Rathaus kürzte. Und in Leipzig sollen Studenten mit gefälschten Dokumenten die Stimmung angeheizt haben. Die Lust an der Revolte sollte einem nicht den Blick für mögliche Konsequenzen verstellen. Ansonsten erspare ich mir den erhobenen Zeigefinger.
DIE SEGNUNGEN DER EU Das Landessozialgericht Essen beglückt unsere Nachbarn: Eine in ihrem Heimatland beschäftigte und mit ihrer Familie dort wohnende Niederländerin kann einen Anspruch auf deutsches Erziehungsgeld haben, wenn ihr Ehemann in Deutschland Arbeitnehmer ist. Die Begründung versteht man nicht. Die Welt auch nicht.
JURA NIX GUT Ich fürchte, dieser Ausverkauf dokumentiert das allzu frühe Ende einer juristischen Karriere. (entdeckt von Mathias Schindler)
HAUSBESUCHE Rechtsanwälte müssen ihr Honorar am Wohnort bzw. Sitz ihres Kunden einklagen. Damit hat der Bundesgerichtshof laut beck-aktuell jetzt mit einem letzten Anwaltsprivileg gebrochen. Nach der bisher "herrschenden Meinung" wurden die Dienste des Anwaltes stets am Kanzleisitz erbracht. In Zeiten von Mobilfunk, Laptop und Internet wohl kaum noch haltbar... Überdies habe ich gehört, dass sich der eine oder andere Anwalt mittlerweile sogar zu Hausbesuchen erniedrigt. Montag, Dezember 08, 2003
DMC / JURABILIS / WERBEBLOGGER / RC DOT ORG / FSCKLOG / RES PUBLICA / FUNDRAISING / KINSKI Oh. Der law blog ist bei den "Blogawards" im Rennen. In der Rubrik "Bestes Fachblog". Nichts gegen die ebenfalls nominierte Konkurrenz. Aber das können wir - ihr!!!!!! - schaffen. Zur Abstimmung geht es hier.
VOLKES STIMME In Sachen Tom & Sonja begründet der Vorsitzende Richter sein Urteil laut Spiegel online wie folgt: Ich gehe davon aus, dass das, was sie in den folgenden Jahren erwartet, schlimmer sein wird als der Tod. Sie werden im Gefängnis als Kindermörder und Kinderschänder auf der untersten Stufe stehen und werden sich für lange Zeit im Gefängnis gefahrlos nicht bewegen können. Dazu fällt mir spontan § 111 Strafgesetzbuch ein: Wer öffentlich ... zu einer rechtswidrigen Tat auffordert, wird wie ein Anstifter ... bestraft. ... Bleibt die Anstiftung ohne Erfolg, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. ... Die Verteidiger werden es bedauert haben, dass es für einen Befangenheitsantrag eine klare zeitliche Grenze gibt. Der Antrag kann nur gestellt werden, bis der Angeklagte sein letztes Wort gesprochen hat (§ 25 Abs. 2 S. 2 Strafprozessordnung).
UNVERLANGT (UND OHNE RÜCKPORTO) Sehr geehrte Damen und Herren, mit Schreiben vom 09.10.03 habe ich mich bei Ihnen als Rechtsanwalt beworben. Bitte teilen Sie mir mit, ob Sie Interesse an meiner Mitarbeit haben. Mit freundlichem Gruß T., Rechtsanwalt Sehr geehrter Kollege T., auch keine Antwort ist manchmal eine Antwort. Mit freundlichen kollegialen Grüßen Vetter, RA und Fachanwalt für Strafrecht
BLUFF Aus dem Wohnungsmietvertrag einer großen Düsseldorfer Firma: Bei Abschluss des Mietvertrages zahlt der Mieter eine Kaution in Höhe von 2 Kaltmieten. Sie ist unverzinslich. Dazu § 551 Bürgerliches Gesetzbuch: (1) Der Vermieter hat eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen ... üblichen Zinssatz anzulegen. Die Vertragsparteien können eine andere Anlageform vereinbaren. ... (4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Aber wie mir mein Mandant erzählt, behauptet die Firma gegenüber allen ausziehenden Mietern: "Wir haben noch nie eine Kaution verzinst. Sie können uns ruhig verklagen. Wir haben bisher jeden Prozess gewonnen." Gut geblufft. Aber offenbar scheut ein großer Prozentsatz der Mieter den Streit, so dass sich diese dreiste Behauptung wahrscheinlich am Ende sogar lohnt...
HH MACHT SCHLAU Wer sich die Notenverteilung im Zweiten Juristischen Staatsexamen ansieht, entdeckt wundersame Zahlen: In Hamburg schaffen 39 % der Absolventen ein Prädikat, in Sachsen-Anhalt nur 4,4 %. Auch in Bayern gelingt nur 12,35 % die Note vollbefriedigend oder besser. Der Kollege Alexander Hartmann spricht leicht resigniert von "Segnungen des Föderalismus". Ich glaube, er hat noch Prüfungen vor sich - ausgerechnet im ebenfalls nicht laschen Berlin (13,15 %). Samstag, Dezember 06, 2003
INTERNETT Wo wir heute schon mal über Nerds gesprochen haben, veröffentliche ich als Revanche einen Beitrag aus der Reihe "Juristen erklären das Internet": F: Was ist ein FTP-Server? A: Es antwortet LG Braunschweig, Urteil vom 21.7.2003 - 6 KLs 1/03, rechtskraeftig, CR 2003, 801: FTP-Server sind Systeme, in denen gecrackte, also nach Ueberwindung des Vervielfaeltigungsschutzes kopierte, Software geladen ist. Danke für den Tipp, Andrejs Blog. Frank Lachmann (argh) weist auf eine ganze Sammlung solcher Stilblüten hin. Daufaq hat ein vielversprechendes Ziel: Endlich können alle DAUs an der Weisheit der Juristen teilhaben und das Wesen des Internet in seiner ganzen Pracht erkennen und so zu einer höheren Daseinsform aufsteigen. Und was sind DAUs?
ELTERNZEIT Der Erziehungsurlaub heißt jetzt Elternzeit. Genommen werden kann die normale Elternzeit nach dem Gesetz bis zur "Vollendung des 3. Lebensjahres" des Kindes. Einer meiner Mandanten ist nicht nur Arbeitgeber. Sondern auch Nerd. Deshalb fragte er mich, wann die Elternzeit jetzt juristisch genau endet, wenn der Sohn seiner Mitarbeiterin F. am 3. Dezember 2000 geboren wurde. Klar, dachte ich, die Elternzeit endet logischerweise am 3. Dezember 2003. Frau F. musste also wieder am 4. Dezember arbeiten gehen. Zum Glück habe ich vor der Antwort noch einmal ins Gesetz geguckt. Nach § 187 BGB wird der Tag der Geburt erstaunlicherweise bei der Berechnung der Frist komplett mitgerechnet. Konsequenz: Die dreijährige Elternzeit endete schon am 2. Dezember 2003, 0 Uhr. Da es auch in den meisten Broschüren falsch steht, würde ich wetten, dass jede Menge Elternzeitler ihre Arbeit mit einem abmahnfähigen Verhalten beenden. Sie fehlen schlicht und einfach unentschuldigt, was ja bekanntermaßen ein Grund für eine Abmahnung oder sogar Kündigung sein kann. Meinen Mandanten habe ich allerdings überzeugt, dass er besser gar nicht groß diskutiert. Wer möchte schon als jemand dastehen, der eine Mutter nicht mit ihrem Kind den 3. Geburtstag feiern lässt? Das verstand sogar er. Vielleicht ist er doch kein Nerd.
GELD ZURÜCK Wer eigene oder fremde Daten mit Erlaubnis auf CD?s oder DVD?s kopiert, kann die Urheberrechtsabgabe von der GEMA zurück verlangen. So wird es zumindest hier berichtet . Die Abgabe wird beim Kauf jedes Datenträgers automatisch erhoben. (link gefunden bei Handakte WebLAWg) Freitag, Dezember 05, 2003
QUOTE Die Männerquote in der Flensburger Verkehrssünderkartei beträgt 82,82 %, berichtet Spiegel online. Jemand überrascht? Update. Dazu passend: Frau mit Tempo 967 geblitzt
GELD ZURÜCK? Bei bis zu 40 Millionen Lebensversicherungen könnten die Abschlusskosten zu Unrecht berechnet worden sein. Es geht um richtig Kohle - bei jedem Vertrag. Wer eine Lebensversicherung hat, sollte unbedingt diesen Artikel von Andreas Kunze in der ZEIT lesen. Ich werde am Wochenende eine Anfrage an meine beiden Lebensversicherungen schicken. (via Handakte WebLAWg)
AM ENDE Ein Anwalt begründet seinen Antrag auf eine Berufsunfähigkeitsrente: In 25 Jahren habe ich eine Abneigung gegen den Beruf des Rechtsanwalts entwickelt, den ich als geprägt von einem zweckdienlichen, listigen, möglichst rückhaltlos den eigenen Mandanten unterstützenden, der Wahrheit einen eigenen Zuschnitt gebenden Verhalten empfinde. Mit dieser Überzeugung zu leben und sie weiter als Teil der Anwaltsarbeit in Kauf zu nehmen, habe ich jahrelang versucht, bis ich einfach nicht mehr konnte. Also meine Arbeit ist ganz anders. Ehrlich! (gefunden im Handakte WebLAWg)
HOFFNUNG Seine Business-Homepage hatte Herr S. schon nach der Testphase gekündigt. Doch der rosa Riese buchte munter weiter ab. Schließlich platzte Herrn S. der Kragen. Er stornierte den Dauerauftrag. Und zog monatlich EUR 12,75 von der Rechnung ab. Neulich nahm Herr S. dann mal die Dienste eines Drittanbieters in Anspruch. Dessen Kosten zieht die Telekom gleich mit der Rechnung ein. Doch obwohl man dort genau weiß, wofür die EUR 12,75 abgezogen werden, kürzte die Telekom die Auszahlung an die andere Telefonfirma. Die macht jetzt "EUR 18,79 abzüglich erhaltener EUR 6,04" geltend - die Differenz hat die Telekom brav sogar noch brav überwiesen. Herr S. kriegt jetzt natürlich böse Briefe. Vom Inkassobüro der Drittfirma. Sofern entweder dort oder bei der Telekom mal jemand den Sachverhalt begreift, müsste man eigentlich einsehen, dass die Forderung der anderen Firma erloschen ist - durch das freundliche Inkasso der Telekom. Wenn die erhaltenes Geld nicht weiter leitet, dürfte das doch kaum das Problem von Herrn S. sein. Aber wahrscheinlich mache ich mir da zuviele Hoffnungen... Donnerstag, Dezember 04, 2003
ÖFTER MAL WAS NEUES Rechnungen müssen ab dem 1. Januar 2004 eine fortlaufende Nummer haben. Die Bundesregierung hat offenbar messerscharf erkannt, was wir derzeit wirklich brauchen: zusätzlichen Verwaltungsaufwand und dadurch steigende Lohnkosten. (via Links und Recht)
CLEVER Bei manchen Sachen zieht es sogar mir die Schuhe aus. Wie zum Beispiel bei der Maklerrechnung, die für ein Mehrfamilienhaus erstellt wurde. Der Briefbogen entspricht haarklein dem der Maklerfirma. Unterschrieben hat auch der Angestellte, mit dem mein Mandant immer zu tun hatte. Nur die unten aufgedruckte Kontonummer - das war diesmal die private des Angestellten. So wanderten 23.490 Euro ins falsche Töpfchen. Jede Wette, dass mein Schreiben an den cleveren Herrn zurückkommt: Empfänger unbekannt verzogen...
WESTLICH Unfallschilderung: Herr M. befuhr die V-Straße Richtung Norden auf dem westlichen der beiden vorhandenen Fahrstreifen. An der Einmündung der D-Straße fuhr der Zeuge S. vor ihm auf der als Linksabbiegerspur gekennzeichneten Fahrbahn und beabsichtigte in die D-Straße abzubiegen. Als sich Herr M. nun dem gerade an der Grünlicht zeigenden Lichtzeichenanlage anfahrenden Fahrzeug des Zeugen S. von hinten näherte, scherte er nach links in die Fahrbahn des Gegenverkehrs aus ... Es kam zur Kollision der Fahrzeuge, wodurch das Fahrzeug des Herrn M. gegen das vor der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage stehende Fahrzeug des Zeugen R. geschleudert wurde, welches seinerseits das dahinter stehende Fahrzeug des Zeugen K. beschädigte. Natürlich von einem Juristen. Mittwoch, Dezember 03, 2003
DAS WEBLOG DER VERTEIDIGUNG Die Online Journalism Review zu einem Trend in der US-Strafverteidigung: "High-profile defendants have found a new way to temper the media circus and get more control over the spin on their stories: by becoming Web publishers." Es gibt sicher Fälle, in denen sogar ein Weblog ein probates Mittel für die Verteidigung sein könnte. Ich überlege nur mal so spontan, welchen Effekt auf die öffentliche Meinung ein Weblog des "Kannibalen von Rotenburg" und seines Verteidigers haben könnte... (link gefunden bei Handakte WebLAWg)
UNFREUNDLICH Das Finanzgericht Gotha hat das Thüringer Arbeitsamt zu bürgerfreundlicherem Verhalten ermahnt. Nachdem einer Mutter zu Unrecht Kindergeld verweigert worden war, lehnte das Amt auch den Widerspruch ab, ohne eine Begründung der Mutter abzuwarten. Die auf Klage entstandenen Anwaltskosten muss es nun tragen (Az.: III 224/03), berichtet beck-aktuell. Nach Auffassung des Richters muss eine moderne, rechts- und sozialstaatlich orientierte Verwaltung darum bemüht sein, einem Bürger zu seinem Recht zu verhelfen, und dürfe ihm durch eine vorschnelle Entscheidung nicht die Geltendmachung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren erschweren. Das wird das Selbstverständnis vieler Bürokraten schwer erschüttern. (via Vertretbar.de)
SCHWEISS
Wegen der Blogawards steht vielen Bloggern ja deutlich Schweiß auf der virtuellen Stirn. Oder wie kann man sonst die "Nominiert mich! Nominiert mich!" - Befehle (wörtliches Zitat!) interpretieren, die einem plötzlich aus jedem zweiten Weblog entgegenblinken?
HALTEN UND PARKEN Ein Mandant bringt seine Eltern frühmorgens zum Bahnhof. Er will sie nur rauslassen, 2 Koffer aus dem Kofferraum nehmen. Wegen gesundheitlicher Probleme muss auch direkt dort gehalten werden. Ein Parkwächter will partout 1 Euro kassieren - so viel kosten 30 Minuten. Der Mandant weigert sich. Jetzt mahnt die Parkfirma das Geld schriftlich an. Und macht gleich noch 14 Euro Bearbeitungsgebühren geltend. § 12 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung schreibt vor: Wer sein Fahrzeug verlässt oder länger als drei Minuten hält, der parkt. Solange der der Fahrer "jederzeit abfahrbereit" ist, hat er sein Auto nicht verlassen. Das ist der Fall, weil der Mandant jederzeit hätte losfahren können. Aussteigen allein ist überdies auch wörtlich nicht unbedingt ein "Verlassen", weil damit die räumliche Trennung zwischen Fahrer und Auto gemeint ist. Verlassen ist also etwas anderes als Aussteigen. Grundsätzlich hat der Mandant also eher nicht geparkt. Eine andere Frage ist, ob eine private Firma für den von ihr bewirtschafteten Grund etwas anderes vorschreiben kann. Und ob das in Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich ist. Da auf dem Bahnhofsvorplatz die Straßenverkehrsordnung gilt, wird der Betreiber wahrscheinlich Probleme haben, sich auf eventuelle anderslautende Bedingungen zu berufen. Zumindest würde eine solche Klausel ja von der gesetzlichen Unterscheidung zwischen Halten und Parken gravierend abweichen. Sie wäre "überraschend" und damit unwirksam. Sollen wir das durchfechten? Dienstag, Dezember 02, 2003
ARGH Ein Anbieter von "Telefon-Erotik" hat Strafanzeige erstattet. Weil ein Mandant angeblich die Dienstleistungen von Biggi, Samantha und Veronika nicht bezahlt hat. Jetzt versuchen wir mal, einer deutschen Richterin den Sachverhalt zu vermitteln: Mein Mandant hat die Karte zwar gekauft. Aber er hat sie an seinen Bruder weitergegeben. Und der sagt, er hätte sie weiter verschenkt. Wieso verschenkt Ihr Mandant denn sein Handy? Nicht das Handy, die Karte. Ja, aber ohne Karte hat das Handy doch keine Telefonnummer. Doch, mein Mandant hat sich eine Karte mit Vertrag zugelegt. Deshalb hat er die Karte nicht mehr gebraucht und sie seinem Bruder geschenkt. Das alte Handy hat er bei ebay versteigert, weil bei dem Vertrag ein neues dabei war. Und der Bruder hatte auch schon ein Handy. Der brauchte nur die Karte. Und welche Nummer hatte dann Ihr Mandant? Eine neue. Und der Bruder? Die alte, die auf der verschenkten Karte gespeichert ist. Aber warum hat Ihr Mandant dann die Karte nicht abgemeldet? Weil es eine CallYa-Karte ist, die läuft automatisch aus, wenn kein Guthaben mehr drauf gespeichert ist. Verstehe ich nicht, wenn ich mein Telefon abmelde und eine neue Nummer will, muss ich einen Antrag stellen. Aber nicht bei einer CallYa-Karte. Die kann man einfach so weitergeben, und dann kann jemand anderes damit telefonieren. Aber der Name steht doch noch bei der Telefonfirma drin. Ist das kein Beweis dafür, wem die Karte gehört? So wie mir mein Telefon gehört - zumindest, wenn meine Tochter nicht zu Hause ist. Frau Vorsitzende, das Bundesverwaltungsgericht hat gerade erst entschieden, dass die Telefonfirmen bei Prepaid-Karten die Namen und Adressen der Käufer nicht speichern müssen. Im Übrigen: Wenn ich einen Fön kaufe und für die Garantie meine Adresse angebe, kann ich den Fön auch weiter verkaufen, ohne dass ich die Adresse ändern muss. Bloß weil der Händler meine Adresse hat, muss ich nicht unbedingt der sein, der später den Fön jemanden in die Badewanne wirft. Also, jetzt wird es mir zu kompliziert. Ich glaube wir hören uns beim nächsten Mal den Bruder als Zeugen an. Besser is das.
BLOG DES JAHRES Blogg.de organisiert die Wahl zum "Weblog des Jahres". Es gibt verschiedene Kategorien. Der law blog hat sich entschieden, in der Rubrik "Bestes Weblogdesign" an den Start zu gehen :-).
ERFAHRUNGEN Herr L. vom Mehrzweckbeutel macht schlechte Erfahrungen mit der Justiz: Nach deutscher Rechtsauffassung handeln Unternehmen immer in direktem finanziellen Interesse. Wenn eines also Dienste für ein anderes leistet, ist immer davon auszugehen dass diese berechnet werden. Falls dem nicht so sein soll, muss der Leistungsempfänger das beweisen. Das heißt im Klartext: Nicht der Kläger muss seinen Anspruch belegen, sondern der Beklagte muss nachweisen dass unentgeltliche Arbeit vereinbart wurde. Kann er dies nicht, weil eben nur mündlich vereinbart wurde, verliert er den Rechtsstreit. So erklärte die Richterin heute und sprach das Urteil. Fazit: Allen Lesenden sei hiermit empfohlen, auch bei unentgeltlichen Arbeiten verstärkt auf die Schriftform zu setzen ... Dem schließe ich mich uneingeschränkt an.
DER ARME BRUDER Gute Frage gestern beim VHS-Vortrag zum Thema Sozialhilferegress: Mein Bruder ist alkoholkrank. Er bekommt Sozialhilfe. Kann das Sozialamt Geld von mir verlangen? Unterhaltspflichten gibt es nur zwischen Ehegatten und Verwandten gerader Linie, die unmittelbar voneinander abstammen. Also zwischen Eltern und Kindern, aber ggf. auch zwischen Enkeln und Großeltern. In der Seitenlinie gibt es grundsätzlich keine Unterhaltsansprüche, auch nicht zwischen Geschwistern. Schon gar keine Unterhaltsansprüche gibt es gegenüber der Schwägerschaft. Ich erzähle das, weil es fast die Hälfte der Kursteilnehmer es zunächst anders gesehen hat.
AUF DEN ERSTEN BLICK Ein fremdes Landgericht. Sicherheitsschleusen. Personenkontrolle. Der Wachtmeister guckt mich an, winkt mich kommentarlos durch die Plexiglastür. Eigentlich bedenklich, wenn man dem Klischee so gut genügt.
ICH - AG Flüche bannen kostet 100 Euro, ein Stück Zauberwurzel dagegen nur 10 Euro. Dass die Polizei die Geschäftsmethoden einer Wahrsagerin auf dem Bonner Weihnachtsmarkt für Betrug hält und gleich die Handschellen klicken lässt, könnte sich als voreilig erweisen. Immerhin dürfte der Beweis des Gegenteils ziemlich schwierig werden. Und wer weiß, vielleicht ist das Ganze sogar eine Ich-AG. Immerhin munkelt man ja schon länger, dass das Arbeitsamt nicht nur Hundefriseure von der Leine lassen kann. (Quelle: Express) Montag, Dezember 01, 2003
NOTFALLS Falls ihr heute Abend kein Date habt, keine neue DVD, nur lausige Bücher und keine Lust auf Sportstudio o.ä., dann hätte ich noch das im Angebot.
EIN KÄMPFER Die Formulierung "durchgeknallter Staatsanwalt" könnte Zeit-Herausgeber Michael Naumann 9000 Euro kosten - und eine Vorstrafe. Der Journalist will aber "für die Meinungsfreiheit" kämpfen. Deswegen hat er laut Spiegel online Einspruch gegen eine Strafbefehl eingelegt. Verhandelt wird am 19. Januar 2004. Wenn man den Kontext betrachtet, böte sich eigentlich eine Einstellung an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Naumanns Verteidiger seinem Mandanten von einer Zahlung an die Staatskasse oder an eine gemeinnützige Organisation abraten würde. Kleines Problem: Der Staatsanwalt muss zustimmen. Ob man in der Berliner Behörde zu derartigem Großmut neigt, darf allerdings bezweifelt werden.
SCHWARZE LISTE Wer-zahlt-was-nicht.de soll die "überregionale Warndatei im Internet zur Erfassung offener Forderungen aus gewerblicher Leistung" sein: Ziel ist hierbei, die Teilnehmer dieses Dienstes vor Forderungsausfällen zu bewahren, indem diese vor bestimmten Vertragsabschlüssen online Bonitätsauskünfte einholen können. Ob es besonders schlau ist, sich ausgerechnet mit dem Titel "schwarze Liste" zu schmücken? Weniger witzig auch der Einfall, jede eingetragene Forderung mit einer Gutschrift zu honorieren. Je mehr man also anschwärzt, desto preiswerter wird die Nutzung der Datenbank. Privatpersonen werden nach Angaben des Betreibers nicht erfasst.
VERKLAGEN Beim Bloghoster MyBlog.de soll ein Programmfehler alle Weblogeinträge gelöscht haben. Hier wird diskutiert, ob man in einem solchen Fall den Anbieter verklagen soll. Die meisten wollen sich aber lieber gleich erschießen. (link gefunden bei Martin Röll) |